Das ist eine tektonische Verschiebung. Das wird jeden Geldgeber der Republikaner vermuten lassen, dass die Mehrheit im Repräsentantenhaus nicht gehalten werden kann." Mit diesen dramatischen Worten reagierte ein ranghoher Republikaner auf den Rückzug von Paul Ryan. Er liegt wohl nicht falsch. Das Gerücht über den Abgang des Sprechers des Repräsentantenhauses, der keine Lust habe, nach einer Niederlage seiner Partei bei den Kongresswahlen am 6. November die Minderheitsfraktion zu führen, ging schon seit Monaten um – der Druck dürfte zuletzt nicht mehr auszuhalten gewesen sein. Der Schritt gibt den potenziellen Nachfolgern die Chance, sich für den internen Machtkampf aufzustellen. Ihnen steht ein harter Wahlkampf bevor.

Der Abgang Ryans verschärft die Probleme der Republikaner. Er war nach Donald Trump das bekannteste Gesicht der Partei und galt als schlagfertiger Politstratege mit Visionen. Die Demokraten brauchen nur 23 zusätzliche Sitze, um bei der Novemberwahl die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückzugewinnen. Ihre Gegner machen ihnen diese Aufgabe immer leichter. Denn neben Ryan verlassen andere eher moderate Politiker das sinkende Schiff.

Für die Verbliebenen ist Ryans Abgang eine Demoralisierung sondergleichen. Übrig bleiben könnte nach der Wahl ein erzkonservativer Kern, der schon gar nicht mehrheitsfähig ist. Schlechte Aussichten für die Zukunft der Partei. (Manuela Honsig-Erlenburg, 12.4.2018)