Die Führung in Peking denkt noch nach, ob sie Pandamännchen Ru Yi wie gewünscht nach Schönbrunn schickt. Bundespräsident Van der Bellen und Kanzler Kurz freundeten sich schon an (siehe auch hier).

Foto: Bundeskanzleramt

China und Europa rücken näher zusammen. Zumindest die Verkehrswege werden kürzer. Pekings unermüdlicher Drang zum Ausbau seiner wirtschaftlichen und politischen Stellung wird nicht zuletzt durch das Projekt Seidenstraße dokumentiert, bei dem gigantische 1,3 Billionen Dollar in Infrastruktur wie Häfen oder Bahnstrecken gepumpt werden sollen. Österreich spielt dabei auch eine wenngleich vorerst kleine Rolle. Am Donnerstag wurde in der Nähe der Millionenstadt Chengdu ein Güterzug auf die Reise nach Wien geschickt.

Haushaltswaren, Elektronik, Maschinenteile, Matratzen oder Schlafsäcke sollen in 13 Tagen in Österreich ankommen, wie ÖBB-Chef Andreas Matthä bei einer kleinen Zeremonie im Beisein von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Kanzler Sebastian Kurz erklärte. Die ÖBB-Güterbahn Rail Cargo Austria (RCA) fungiert dabei als Auftragnehmer von Chengdu Railway bzw. DHL China. Die Züge sind zwar teurer als das Schiff, das benötigt allerdings 40 Tage nach Europa.

Hub im Bahnverkehr

Die rasch wachsende Hauptstadt der Provinz Sichuan liegt an der Seidenstraße und ist ein bedeutender Hub im Bahnverkehr. Die RCA betreibt die Züge verschiedener Bahnen der an der Route liegenden Länder China, Kasachstan, Russland, Ukraine, Slowakei und eben Österreich, die wegen verschiedener Spurbreiten auch umgeladen werden müssen. Matthäs Ziel ist, dass die RCA täglich einen Zug auf die Reise schickt, derzeit gibt es im Jahr rund 1.000 Fahrten von China nach Europa. Zudem hofft der Bahnchef, dass die Wagons auch in die Gegenrichtung gut befüllt werden. Österreich soll als Güterverkehrsknotenpunkt gestärkt werden – derzeit geht das Gros der Ware nach Polen, Deutschland und in die Niederlande.

Der Staatsbesuch in China zeigte aber auch die Schwierigkeiten im Verhältnis mit der Supermacht. Die Verhandlungen zu einem umfassenden Memorandum über eine vertiefte Kooperation bei der Seidenstraße scheiterten, weil Peking umfassende Zugeständnisse Wiens fordert. Dazu zählt die Anerkennung chinesischer Kerninteressen durch Österreich und ein Beitritt zu jener 16+1-Gruppe, in der China 16 osteuropäische Länder an sich gebunden hat.

Die EU sieht diese Ambitionen – elf der 16 Staaten sind Mitglieder der Union – wegen der chinesischen Einflussnahme äußerst kritisch. Wien konnte sich kurz vor der Übernahme der Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr keinen Akt leisten, der von Brüssel als unsolidarisch gewertet würde. Anstatt einer umfassenden Absichtserklärung zur Kooperation, die von Van der Bellen unterschrieben worden wäre, begnügte man sich mit einer auf den Verkehrsbereich beschränkten "Gemeinsamen Erklärung".

Abstriche im Bereich der Menschenrechte

Die Differenzen konnten somit gerade noch ausgebügelt werden, allerdings musste Österreich im Gegenzug deutliche Abstriche bei seinen Forderungen im Bereich der Menschenrechte machen. "Die Chinesen haben viel rausgestrichen", meint ein Vertreter der österreichischen Delegation im Rahmen des Staatsbesuchs.

Immerhin: Neben der Strecke über Russland soll die ÖBB auch auf der südlichen Route der Seidenstraße stärker zum Zug kommen. Das gilt besonders für aus Griechenland kommenden Verkehr, den China seit dem Kauf des Hafens Piräus pusht und dazu den Ausbau der Bahnstrecke Belgrad–Budapest vorantreibt.

In Verbindung mit der freundlichen Aufnahme der Chinesen und den Wirtschaftsverträgen im Volumen von 1,5 Milliarden Dollar hat sich der Staatsbesuch somit ausgezahlt, wie die österreichischen Repräsentanten zu dessen Abschluss betonten. Van der Bellen wirkte für seine Verhältnisse fast euphorisch und sprach von einem "Riesenerfolg". Neben Aufträgen und Investitionen unterstrich er die "kleinen Gesten", beispielsweise eine Streichelrunde im Dujangyan-Panda-Park. Sollte Peking Österreichs Wunsch nachkommen und ein Pandamännchen nach Schönbrunn schicken, wäre die Freundschaft perfekt. (Andreas Schnauder aus Chengdu, 12.4.2018)