Ankara/Athen – Vor ein paar Tagen noch war es ein historischer Handschlag mit neuen Verbündeten: Der türkische Staatschef hatte Wladimir Putin und Hassan Rohani nach Ankara zum Syrien-Gipfel eingeladen. Jetzt, nach dem mutmaßlichen neuerlichen Einsatz von Chemiewaffen in Syrien, ist die Allianz mit Russland und dem Iran für Tayyip Erdoğan der Öffentlichkeit sehr viel schwieriger zu erklären. Schließlich sind Putin und Rohani die wichtigsten militärischen Unterstützer des syrischen Regimes.

Erdogan griff am Donnerstag zum Telefonhörer und rief Putin an. Die Erklärung für die Medien fiel danach mager aus. Man habe einen Meinungsaustausch zu Syrien gehabt, hieß es nur. Wie bei früheren Anlässen stellt Russland auch dieses Mal in Abrede, dass die syrische Zentralregierung etwas mit dem Chemiewaffeneinsatz zu tun gehabt hätte.

Politische Kommentatoren in der Türkei meldeten vorsichtig Zweifel an der Zukunft des Bündnisses mit Russland an. Kommt es wegen Syrien nun gar zu einem Konflikt zwischen Russland und den USA, müssten die Türken sich für eine Seite entscheiden, hieß es.

Ankara möchte vermitteln

Für das Nato-Mitglied Türkei wäre die Wahl trotz des Streits mit dem Westen unter diesen Umständen klar. Doch eine solche Entscheidung will die Führung in Ankara natürlich lieber vermeiden. Die Türkei vermittle zwischen Russland und den USA, lautet die Sprachregelung. Erdoğan hatte in der Nacht auf Donnerstag auch mit US-Präsident Donald Trump gesprochen. Der türkische Staatschef hatte in der Vergangenheit den Westen immer wieder gedrängt, militärisch gegen das Regime von Bashar al-Assad in Syrien vorzugehen. Jetzt sind sich die Entscheidungsträger in Ankara darin nicht so sicher.

Denn Erdoğans Türkei hat sich schon viel zu tief in den Sumpf des syrischen Bürgerkriegs geritten. Der Einmarsch der türkischen Armee im Norden des Landes war nur mit dem Einverständnis Russlands und der Billigung des Iran möglich. Eine Distanzierung von Putin und Rohani wegen der mutmaßlichen Chemiewaffenangriffe ihres Schützlings Assads scheint schwierig.

Außenminister Mevlüt Çavusoğlu gab sich dennoch entschieden. "Das Assad-Regime muss Syrien verlassen", sagte der Minister. Bisher schien das Gegenteil zu gelten: Ankara hatte sich mit Assads Verbleiben abgefunden. (Markus Bernath, 12.4.2018)