1919 wurde Erzherzog Friedrich enteignet (Habsburgergesetz) und musste sein Palais, die heutige Albertina, räumen. Hier eine historische Aufnahme des Audienzzimmers …

Foto: Im Kinsky

… in der einst solche Sessel standen, die nun bei "Im Kinsky" versteigert werden. Der aktuelle Schätzwert beläuft sich auf 7000 bis 14.000 Euro.

Foto: Im Kinsky

Konsoltische (Ende 18. Jh.) aus dem Palais Modena, dem heutigen Innenministerium.

Foto: Dorotheum

Selige Zeiten für Einrichtungskunden und Sammler, die Mobiliar historischer, aristokratischer oder prominenter Provenienz bevorzugen: etwa wegen der damit verknüpften Histörchen, die solchen Objekten eine Aura verleihen. Schließlich ist es ein Unterschied, ob eine Namenlose oder des Kaisers Freundin einst ihr "Popscherl" auf einem Kanapee bettete. Oder ob Ernest Hemingway theoretisch aus diesem Glas seinen Whiskey getrunken haben könnte. Im internationalen Auktionsangebot lauern aktuell einige Köder dieser Gattung. Die umfangreichste Sause wartet kommende Woche in Paris, wo Artcurial (17.-21. 4.) an die 10.000 Einrichtungsgegenstände aus vier Ausstattungsperioden des legendären Hotel Ritz versteigert.

Aus dem Hotel Ritz wird ab 17. April Inventar aus vier Ausstattungsperioden der vergangenen 120 Jahre versteigert.
Foto: Artcurial

Das Wiener "Ritz"

Luster, Hocker, Frisiertisch, Teppich, Hundebettchen, Gartenstuhl oder Aschenbecher, jedes Objekt steht repräsentativ für den Mythos des Hotels an der Place Vendôme, 1898 von César Ritz eröffnet, der, laut Hotelhistoriker Andreas Augustin, als 23-Jähriger bei der Wiener Weltausstellung 1873 als Aushilfskellner tätig war. Möglich, dass Ritz das kurz zuvor an der Ringstraße eröffnete Grand Hotel inspizierte und nachhaltig beeindruckt war.

Dass es im Wien der Zwischenkriegszeit ebenfalls ein "Hotel Ritz" gab, ist jedoch eine andere Geschichte: Die Eigentümer des am Neuen Markt angesiedelten Hotel Krantz wollten den internationalen Werbewert der Marke Ritz nutzen und benannten sich 1922 einfach um. Die Ritz Hotels Development Company Ltd. (London) bemühte also das Wiener Handelsgericht, das im März 1926 zugunsten des Klägers entschied. Wenige Gehminuten vom Neuen Markt entfernt, war 1919 das Habsburgergesetz exekutiert worden und der enteignete Erzherzog Friedrich aus seinem Palais, der heutigen Albertina, delogiert worden.

Teile der Salongarnitur von Kaiser Franz Josefs Freundin Katharina Schratt, in Frankreich Anfang des 19. Jahrhunderts gefertigt. 1966 wurde das Ensemble von Senta Berger im Dorotheum ersteigert, jetzt trennt sich die Schauspielerin wieder davon.
Foto: Dorotheum

Von Katharina Schratt zu Senta Berger

Einzig das mobile Inventar durfte der zum Bürger der Republik degradierte Enkel Kaiser Leopolds II. mitnehmen. Die damalige Räumungsliste und ein Auktionskatalog sind jene Quellen, die Kurator Christian Benedik für die historische Rekonstruktion der 21 Gemächer der Prunkräume nutzt. Ob zwei Sessel, die einst im Audienzzimmer standen, in sein Beuteschema fallen? Sie wurden 1933 bei Kende versteigert, zuletzt im April 2017 (10.000-20.000 Euro) bei "im Kinsky" offeriert, wo sie nun im Zuge der 122. Auktion (24./25. 4.) mit einer reduzierten Taxe (7000- 14.000 Euro) noch eine Runde auf dem Auktionsparkett drehen.

Im Dorotheum sucht ein ganzer Schwung an historisch besonderem Mobiliar neue Besitzer. Dazu gehört ein Paar klassizistischer Konsoltische (7000-9000 Euro) aus dem Palais Modena, wo heute das Innenministerium residiert. Der Verkauf steht aber in keinem Zusammenhang mit etwaigen Budgetlücken. Die Tische dürften vor mehr als 100 Jahren ausgesondert worden sein. Nähere Angaben zur jüngeren Provenienz gab es auf Anfrage nicht. Anders im Falle der Herkunft eines französischen Salonensembles aus dem 19. Jahrhundert: Einst gehörte es der Kaiserfreundin Katharina Schratt, zuletzt der Schauspielerin Senta Berger, die es 1966 im Dorotheum ersteigert hatte. (kron, 14.4.2018)

Für die Präsentation rekonstruierte Artcurial "Ritz"-Interieurs.
Foto: Artcurial