London – Die Galerie Ropac wird die internationale Repräsentation des Nachlasses von Joseph Beuys übernehmen. Das teilte die Galerie am Freitag im Vorfeld ihrer Londoner Beuys-Ausstellung mit.

Bislang wurde der Nachlass des 1986 verstorbenen Künstlers von der Beuys-Familie, allen voran seiner streitbaren, heute 84-jährige Witwe Eva, verwaltet. Es ist das erste Mal, dass die Familie (neben Eva die Kinder Jessyka und Wenzel) von einer Galerie vertreten wird. Ropac nannte das Vertrauen, das ihm mit dieser Aufgabe geschenkt werde, ein "großes Privileg und eine Ehre"; er werde eng mit den Erben zusammenarbeiten.

Streit um Beuys-Erbe

Seit Beuys' Tod gab es immer wieder Streit um dessen Nachlass. Insbesondere im Konflikt mit der 1990 gegründeten Stiftung der Brüder Hans und Franz van der Grinten in Beuys Geburtsort Kleve bemühte die Familie mehrfach die Gerichte. Fraglich ist, ob der seit Jahren schwelende Streit der Erben mit der Stiftung im Museum auf Schloss Moyland entschärft oder neu entfacht wird.

Joseph Beuys in der Ausstellung "Zeitgeist", Martin-Gropius-Bau, 1982
Foto: Jochen Littkemann

Schon zu Lebzeiten des Künstlers war der Marktwert seiner Arbeiten hoch. 1973 belegte er in der Weltrangliste der bedeutendsten Gegenwartskünstler, dem "Kunstkompass", den vierten Platz (vor Yves Klein), 1980 sogar den ersten Rang (noch vor Robert Rauschenberg und Andy Warhol).

Zwei Preisbeispiele jener Zeit: 2,5 Millionen D-Mark (entsprächen heute einer Kaufkraft von 2,6 Millionen Euro) ließ sich Frankfurt die Arbeit Blitzschlag mit Lichtschein und Hirsch, eine Bronzeversion der Installation aus der Zeitgeist-Ausstellung 1982 kosten; 16 Millionen D-Mark (heute 14,8 Millionen Euro) investierte das Hessische Landesmuseum 1986 für den "Beuys-Block", der sechs Jahre zuvor um 3,5 Millionen verkauft worden war. Heute, so Ropac gegenüber The Art Newspaper, rangieren die Preise für frühe Zeichnungen zwischen 100.000 und 280.000 Euro und für größere skulpturale Arbeiten zwischen fünf bis elf Millionen Euro.

Ropac war Praktikant bei Beuys

Thaddaeus Ropac (geb. 1960) war Anfang der 1980er-Jahre Praktikant bei Beuys, erzählt er. Damals hat er gemeinsam mit ihm und dem Kurator Norman Rosenthal die berühmte Installation Hirschdenkmäler ("The Stag Monuments") für die Zeitgeist-Schau im Berliner Gropius-Bau aufgebaut. "Zu dieser Zeit hab ich Beuys noch nicht einmal verstanden, aber sein Charisma war beeindruckend und ich wusste, dass ich am aufregendsten Ort war, wo man zu jener Zeit in der zeitgenössischen Kunst sein konnte, und wie wichtig er als radikaler Denker war."

Ab kommendem Dienstag zeigt der österreichische Galerist in seiner Londoner Dependance ebenjene Hirschdenkmäler, genauer gesagt bringt Ropac die meisten der originalen Elemente seit 1982 wieder zusammen. Momentan gibt es für die Arbeit noch keinen Preis, aber Ropac möchte das Werk nur in ein wichtiges Museum geben. (Anne Katrin Feßler, 13.4.2018)