Die Kur betont das Medizinische, Wellness adressiert mehr das Wohlbefinden mittels Massagen, Saunagänge und Entspannung.

Foto: Regine Hendrich

Land der Berge, Land am Strome, Land der Äcker, Land der Dome – und Land der Kuren, möchte man in der Bundeshymne ergänzen, frei nach Sebastian Kneipp. Zwar war der Namensgeber der Kneipp-Medizin und der Wassertretkur nie auf dem Gebiet des heutigen Österreich tätig. Der passionierte Naturheilkundler und Pfarrer wirkte im vorvorigen Jahrhundert aber nicht weit weg – in Bayern.

Seine Vorstellungen von gesundem Leben verbreiteten sich allerdings recht flott. Die Kur, die einen ersten Höhepunkt zu Kaisers Zeiten mit dem Aufschwung von Orten wie Gastein oder Bad Ischl fand, ist – ergänzt um Wellness – auch im 21. Jahrhundert ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

Wie wichtig, darüber gehen die Meinungen auseinander. Zumal die Grenzen zwischen klassischer Kur und der aus den USA nach Europa geschwappten Wellnesswelle mitunter fließend sind. Die Kur betont das Medizinische, Wellness adressiert mehr das Wohlbefinden mittels Massagen, Saunagänge und Entspannung.

Laut einer Studie, die Gottfried Haber, Vizedekan an der Fakultät für Gesundheit und Medizin der Donau-Universität Krems, gemacht hat, konnten 2013 in Österreich 116 private Kurbetriebe mit gut 13.000 Betten dem Kurwesen direkt zugeordnet werden. Von den etwa 3,5 Millionen Nächtigungen entfielen gut 97 Prozent auf inländische Gäste. An direkten Wertschöpfungseffekten wurden in der Studie gut 200 Millionen Euro ermittelt.

Durch Vorleistungen kamen weitere 70 Millionen Euro dazu, durch Kaufkrafteffekte der Löhne und Gehälter zusätzlich 150 Millionen. Letztere umfassen etwa auch Konsumationsausgaben in "Kurkonditoreien". In manchen Regionen Österreichs, etwa in der Steiermark, hängt die Existenz ganzer Betriebe am Kurwesen.

Der gesamte Beitrag des in der Studie sehr eng gefassten Kursektors zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) summiert sich auf knapp 420 Millionen Euro. Direkt und indirekt werden der Studie zufolge knapp 8000 Personen beschäftigt.

300 Kureinrichtungen

Fasst man das Segment breiter, wie dies der Österreichische Heilbäder- und Kurorteverband (ÖHKV) Anfang April bei der Jahrestagung im Warmbad Villach gemacht hat, ist auch die Zahlenausbeute eine andere. Der Kurtourismus sei mit mehr als 16 Millionen Übernachtungen "ein wesentlicher Faktor in der heimischen Tourismusbranche", hieß es da.

In Österreich gibt es 75 Kurorte und rund 300 Kureinrichtungen. Diese sorgen nach Angaben des ÖHKV für etwa 15 Prozent der gesamtösterreichischen Nächtigungen. Die Zahl der Personen, die in Kurbetrieben eine "saisonunabhängige, krisensichere Beschäftigung" finden, gibt der Interessenverband mit 10.000 an. Von dieser Art Tourismus profitierten strukturschwache Regionen besonders.

Die klassische Kur, die Ende des Jahres durch die mehr auf Prävention setzende Gesundheitsvorsorge Aktiv abgelöst wird, ist zuletzt wieder stärker nachgefragt worden. 2017 haben nach Angaben des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger rund 282.000 Personen einen Kur- oder Rehabilitationsaufenthalt angetreten, 1,3 Prozent mehr als im Jahr davor.

Die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) hat 2017 knapp 12.971 Beamte auf Reha geschickt, 15.623 Personen wurde ein Kuraufenthalt bewilligt. (Günther Strobl, 14.4.2018)