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Wladimir Putin selbst steht nicht auf der schwarzen Liste in Washington, doch eine Reihe von Oligarchen muss nun für seine Politik bezahlen.

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Eine Woche nach der Verhängung neuer US-Sanktionen hat Russland eine Antwort parat – und diese fällt zumindest laut Plan hart aus. Eine breite Koalition hat eine Gesetzesinitiative in die Duma eingebracht, die den russischen Markt weiter abschotten soll. "In dem Gesetzesprojekt geht es um das Verbot oder die Einschränkung bei der Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte, Rohstoffe und Lebensmittel, deren Ursprungsland die USA oder ein anderes Land ist, das die Sanktionen unterstützt. Es geht außerdem um Alkohol und Tabak", sagte der Vizesprecher der Duma, Iwan Melnikow.

Tatsächlich ist die Liste Medienberichten zufolge sogar noch deutlich umfangreicher: Verboten werden soll auch die Einfuhr von Medikamenten – zumindest, wenn es eine Alternative auf dem russischen Markt gibt – , der Kauf von ausländischer Software durch staatliche Stellen und der Export seltener Erden. Daneben wird russischen Firmen in mehreren Branchen die Kooperation mit Firmen untersagt, die selbst oder deren Teilhaber in den USA registriert sind. Betroffen sind Atomenergie, Luftfahrt, Raketen- und Motorenbau, aber auch Consultingdienstleister und Anwaltskanzleien. Daneben will Russland keine Expats aus den USA mehr als hochqualifizierte Spezialisten ins Land bringen und erwägt sogar die Aushebelung des Urheberrechts für Markenzeichen von US-Firmen auf russischem Boden. Gerade die letzte Regelung dürfte Russland in Konflikt mit der WTO bringen.

Haben genug Alkohol

In ihren Kommentaren konzentrierten sich die Beamten und Abgeordneten in erster Linie auf das Alkohol- und Tabakverbot: Russland könne ohne amerikanischen und europäischen Alkohol leben, sagte der stellvertretende Handelsminister Viktor Jewtuchow. "Aber ich denke, die Beschränkungen sind, wenn sie auch gegen einige Länder angewendet werden, die sich den US-Sanktionen anschließen, ein empfindlicher Schlag gegen diese", sagte er. Russland produziere auch genug Tabak für den Eigenverbrauch, fügte er hinzu.

Experten verweisen darauf, dass es bei Medikamenten deutlich problematischer sein könnte. Produkte von US-Firmen, wenn auch teilweise in Europa produziert, machen 13 Prozent des russischen Marktes aus. Eine Beschränkung dürfte damit unweigerlich zu Preissteigerungen für die Bevölkerung führen.

Die breite Palette an Gegenmaßnahmen, die Moskau nun erarbeitet, zeigt aber auch deutlich, wie hart Russland die jüngste Sanktionsrunde aus Washington getroffen hat. In der Vergangenheit hatte die russische Führung die Sanktionen des Westens als unangenehm, aber verkraftbar betrachtet: Die Finanzrestriktionen waren die mit Abstand lästigste Folge der Ukraine-Krise, während Beschränkungen bei Ölbohrprojekten vor der Küste wegen des niedrigen Ölpreises ohnehin derzeit nicht aktuell waren.

Erschütterter Aktienmarkt

Die nun beinah wahllos verhängten Strafen Washingtons hingegen haben den Aktien- und Valutamarkt in Moskau tief erschüttert. Getroffen hat es nämlich nicht nur kremlnahe Oligarchen wie den mutmaßlichen Putin-Schwiegersohn Kirill Schamalow oder den bei Strabag aktiven Oleg Deripaska, sondern auch solche, die sich dezidiert aus der Politik herauszuhalten suchten, wie Viktor Wechselberg.

Die Geste zeigt: Washington ist bereit, alle russischen Unternehmer in Geiselhaft für die Politik des Kremls zu nehmen. Das löst tiefe Verunsicherung in Moskau aus, weil jeder befürchten muss, der Nächste zu sein. In größter Gefahr sind gerade international handelnde Akteure. Ihnen droht nun die wirtschaftliche Isolation. (André Ballin aus Moskau, 13.4.2018)