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"Kleine Rechnungen für Ausgaben des täglichen Lebens" und größere für den Kauf von Computern sollen sich Beamte von einer Baufirma bezahlt haben lassen.

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Wien – Ein Krups-Kaffeeautomat, ein Toastofen (weiß), ein Silva-Uhrenradio, eine Kompaktstereoanlage, ein Samsung-Tablet und ein oranger Aktenordner mit penibel geführten "Weihnachtswunschlisten": Das sind Beweisstücke, um die es ab 7. Mai im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts (auch) gehen wird. An diesem Tag beginnt dort, wo derzeit über die Bestechungsvorwürfe gegen Karl-Heinz Grasser und Co verhandelt wird, ein niederösterreichisch-wienerischer Korruptionsprozess.

Auf der Anklagebank Platz nehmen werden 24 Beamte bzw. Vertragsbedienstete der Wiener Magistratsabteilung 34 (Bau- und Gebäudemanagement, sie baut und betreibt Gebäude wie Schulen oder Kindergärten) und des Wiener Krankenanstaltenverbunds, KAV. Er baut und betreibt Spitäler. Die öffentlich Bediensteten sollen sich von der geschäftsführenden Gesellschafterin, einem Exchef und einem Mitarbeiter eines Wiener Neudorfer Bauunternehmers bestechen haben lassen. Auch gegen die und das Unternehmen selbst richtet sich der Strafantrag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA).

Zwei Geständnisse

In Summe sollen von Ende 2007 bis August 2015 rund 45.500 Euro geflossen sein, strafrechtlich geht es um Bestechung bzw. Bestechlichkeit, um Vorteilszuwendung bzw. Vorteilsannahme. Strafdrohung: ein Jahr bis drei Jahre Freiheitsstrafe. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Die WKStA stützt sich unter anderem aufs Geständnis der Chefin des Unternehmens und des Mitarbeiters, die Geschäftsführerin soll ein von ihren Vorgängern implementiertes "System" übernommen haben.

Hatten Geschäftspartner bis dahin "saisonal übliche Geschenke wie Wein, Lachs und Torte" zu Weihnachten bekommen, habe Exfirmenchef W. 2007 zusätzlich Rewe-Gutscheine ins Repertoire aufgenommen.

Geschenkfertige Kuverts

Ab da wurden laut Strafantrag "Weihnachtswunschlisten" geführt, die der Chef "um die Namen jener MA-34- und KAV-Bediensteten ergänzt hat, von denen das Unternehmen 2007 Aufträge erhalten hatte". Laut WKStA ging es dann so weiter: Die Buchhaltung bestellte die Gutscheine, eine Mitarbeiterin steckte sie auftragsgemäß in Kuverts und der angeklagte (und geständige) Mitarbeiter übergab sie, "geschenkfertig" gemacht, an die Beamten.

Ab 2008 habe dann der Mitarbeiter die Aufgabe der Listenerstellung für die MA-34-Leute übernommen, sein Geschäftsführer habe die Liste kontrolliert und "abgehakt" oder aber Beträge geändert und "Begünstigte" von der Liste gestrichen. Um die Weihnachtslisten für die KAV-Leute und die Zuwendungsübergabe an sie, soll sich bis 2012 der Exchef selbst gekümmert haben. Er bestreitet die Vorwürfe.

Alles notiert

Feinsäuberlich wurde Buch über die Gutscheine geführt, die Listen wurden später bei einer Hausdurchsuchung in besagtem orangem Ordner gefunden. Sinn und Zweck der Sache, so die WKStA: Die Beamten sollten für die Bevorzugung der Baufirma "belohnt" werden. Sowohl fürs Weichstreicheln für künftige Auftragsvergaben als auch für konkrete Aufträge – wobei es vor allem um Arbeiten in Schulen, Amtshäusern und Kindertagesheimen gegangen sei und um Aufträge im Otto-Wagner-Spital und im Therapiezentrum Ybbs. Für beide ist der KAV zuständig.

Später soll dann auch "unterjährig" geschmiert und beschenkt worden sein – das Ganze soll recht locker gehandhabt worden sein. Beamte sollen ohne Gutscheine getankt oder bei Mediamarkt oder Saturn eingekauft haben (etwa ein Tablet oder einen kleinen Computer), die Rechnung sollen sie dann bei der Baufirma abgegeben haben. "Kleinere Rechnungen für Ausgaben des täglichen Lebens" seien übers Spesenkonto des "Briefkuvertboten" abgerechnet worden, "größere Rechnungen wie jene für Computer" letztlich in bar abgelöst worden, heißt es im Strafantrag der WKStA.

Funde bei Hausdurchsuchungen

Die Beamten (bis auf einen) und Vertragsbediensteten – von Werkmeistern über Baureferenten bis hin zu Baustellenaufsehern und hohen KAV-Beamten – bestreiten die Vorwürfe. Allerdings wurde bei Hausdurchsuchungen diverses, mit den Gutscheinen erstandenes, elektronisches und elektrisches Gerät gefunden: vom Kaffeeautomaten über den Toastofen bis hin zum Tablet.

2015 haben die Niederösterreicher laut geständiger Eigentümerin mit den Zahlungen an Bedienstete der MA 34 Schluss gemacht, beim KAV sei das schon 2012 der Fall gewesen. Seit damals habe die Gesellschaft keine Aufträge mehr vom KAV erhalten. (Renate Graber, 14.4.2018)