Ein Journalist filmt eines der angegriffenen Ziele nördlich von Damaskus. Bei dem Komplex soll es sich laut US-Angaben um ein Forschungszentrum für Chemiewaffen gehandelt haben.

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Nach Angaben des Pentagon wurden die Luftangriff nach kurzer Zeit vorerst beendet.

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Damaskus/Washington/Moskau – Ein "perfekt durchgeführter Luftschlag" – US-Präsident Donald Trump zeigte sich am Samstag sichtlich zufrieden. Die USA, Frankreich und Großbritannien führten zuvor in der Nacht auf Samstag Vergeltungsschläge gegen Ziele in Syrien als Reaktion auf den mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Douma durch. Trump bedankte sich bei Großbritannien und Frankreich, das Ergebnis hätte nicht besser sein können, schrieb er am Samstag auf Twitter: "Mission erfüllt!"

In einer kurzen Fernsehansprache im Weißen Haus sagte er zuvor, er habe "Präzisionsschläge" gegen Ziele angeordnet, die mit den mutmaßliche Chemiewaffen von Machthaber Bashar al-Assad in Zusammenhang stünden. Die Angriffe waren nach kurzer Zeit wieder beendet. Tote soll es nicht gegeben haben, aber mehrere Verletzte.

Die Luftangriffe haben nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums die Möglichkeiten Syriens stark eingeschränkt, Chemiewaffen herzustellen.

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Ganz und gar nicht zufrieden ist Russland: Die mit Assad verbündete russische Regierung reagierte wütend und drohte dem Westen mit "Konsequenzen". Auf Antrag Moskaus kam am Samstagnachmittag deshalb der UN-Sicherheitsrat zu einer Sondersitzung zusammen. Eine Resolution, die die westlichen Angriffe verurteilt, wurde mehrheitlich abgelehnt.

Explosionen in Damaskus

Nach Angaben des Pentagon wurden drei Anlagen des mutmaßlichen syrischen Chemiewaffenprogramms angegriffen. Getroffen worden seien ein Forschungszentrum für Chemiewaffen in der Hauptstadt Damaskus sowie ein Lager und ein Kommandoposten für diese Art von Waffen nahe Homs, sagte US-Generalstabschef Joseph Dunford. An dem Einsatz waren Schiffe und Flugzeuge beteiligt.

Von einer französischen Fregatte wurden Marschflugkörper abgeschossen.
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Nach russischen Angaben seien mehr als hundert Marschflugkörper und Luft-Boden-Raketen "vom Meer und aus der Luft auf syrische militärische und zivile Ziele" geschossen worden, berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti am Samstag unter Berufung auf eine Erklärung des Verteidigungsministeriums in Moskau.

Behauptungen der russischen Nachrichtenagentur TASS, wonach die meisten Raketen von der syrischen Luftabwehr abgefangen worden seien, dementierte das Pentagon am Samstagnachmittag.

Karte Syrien mit Angriffszielen, Chemiewaffenlagern und von Assad-Truppen konrollierten Gebieten
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"Beziehungen zu Russland am Tiefpunkt"

Der britische Verteidigungsminister Gavin Williamson hat am Samstag die Luftschläge gegen Syrien als sehr erfolgreich bezeichnet. Auf die Frage, ob ein neuer Kalter Krieg mit Russland drohe, antwortete er, es sei richtig zu sagen, dass die Beziehungen an einem Tiefpunkt angekommen seien.

Nach Worten des französischen Außenministers Jean-Yves Le Drian zielten die Angriffe der heimischen Luftwaffe in Syrien nicht auf Verbündete Syriens ab. Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly sagt, ihr Land sei nicht auf Konfrontation aus. Die Russen seien vor der Intervention gewarnt worden.

Der Angriff auf das syrische Regime sei rechtmäßig, betonte Le Drian. "Dieses Vorgehen ist proportioniert und gezielt." Es richte sich nicht gegen die Verbündeten Syriens – dies sind Russland und Iran – und auch nicht gegen die Zivilbevölkerung.

"Luftangriffe vorbei"

Nach Angaben des Pentagon wurden die Luftangriffe nach kurzer Zeit vorerst beendet. "Die Welle der Luftangriffe ist vorbei", sagte Dunford. US-Verteidigungsminister Jim Mattis sagte, "derzeit" seien keine weiteren Angriffe geplant.

Trump hatte indessen in seiner Rede gesagt, die USA und ihre Verbündeten wollten "diese Antwort aufrechterhalten", bis die syrische Regierung den Einsatz von Chemiewaffen beende. Es war unklar, ob der US-Präsident damit eine Fortsetzung der am Freitag geführten Militäroperation meinte – was im Widerspruch zu den späteren Aussagen von Mattis stehen könnte.

May spricht von Abschreckung

Die britische Premierministerin Theresa May erklärte, es gehe bei dem Angriff darum, die Assad-Regierung vom weiteren Einsatz chemischer Waffen abzuschrecken. Der französische Staatschef Emmanuel Macron betonte: "Wir können die Normalisierung des Einsatzes chemischer Waffen nicht hinnehmen."

Mit der Operation reagierten die drei westlichen Staaten auf den mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Duma in der Region Ost-Ghouta. Dabei waren am Samstag dutzende Menschen getötet und hunderte weitere verletzt worden. Der Westen macht die Assad-Truppen für den Angriff verantwortlich. Kurz vor Beginn der Militäroperation hatte das US-Außenministerium mitgeteilt, Washington wisse "mit Sicherheit", dass die Assad-Truppen in Ost-Ghouta Giftgas eingesetzt hätten.

"Massenmord"

Trump appellierte an Russland und den Iran, ihre militärische Unterstützung für Assad aufzugeben. "Welche Art von Nation will mit dem Massenmord an unschuldigen Männern, Frauen und Kindern in Verbindung gebracht werden?" fragte er.

Der Angriff der USA und ihrer Verbündeten auf Syriens Regierung ist nach Ansicht der syrischen Opposition auch eine Botschaft an Russland und den Iran. Die Angriffe zeigten, dass die westlichen Mächte außerhalb der Vereinten Nationen aktiv sein könnten, sagte der Sprecher des in Istanbul ansässigen Oppositionsbündnisses Syrischen Nationalen Koalition, Ahmed Ramadan, am Samstag. Sie seien eine Antwort auf Moskaus Veto im UN-Sicherheitsrat.

"Chance auf friedliche Zukunft"

Das Außenministerium in Moskau erklärte, die westlichen Angriffe kämen zu einem Zeitpunkt, an dem Syrien gerade eine "Chance auf eine friedliche Zukunft" gehabt habe. Russland hatte 2015 auf Seiten Assads in den syrischen Bürgerkrieg eingegriffen.

Dank einer Warnung Russlands seien die von den USA angegriffenen syrischen Militärbasen bereits vor Tagen evakuiert worden, sagte ein hochrangiger Vertrauter des syrischen Präsidenten Bashar Assad am Samstag. Derzeit schätze die Regierung die Schäden ab, sagte der Vertreter einer regionalen Allianz, die Damaskus unterstützt.

Trump hatte bereits vor einem Jahr mit einem Raketenangriff auf eine Luftwaffenbasis der Assad-Truppen auf einen mutmaßlichen Giftgaseinsatz geantwortet.

Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) will ihre Mission in Duma übrigens ungehindert fortsetzen. In einer Erklärung der Organisation heißt es: "Das Team der Fact Finding Mission (FFM) der Organisation für das Verbot chemischer Waffen wird seine Entsendung nach Syrien fortsetzen, um Fakten über die Vorwürfe der Verwendung chemischer Waffen in Duma zu ermitteln. (APA, 14.4.2018)