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Coty Germany, der Konzern zu dem auch die Kosmetikmarke Rimmel gehört, vertreibt ihre Luxusprodukte in einem "selektiven Vertriebssystem".

Foto: Reuters / Mike Blake

Wien – Im Dezember hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache "Coty Germany" (C-230/16) entschieden, dass Drittplattformverbote unter bestimmten Voraussetzungen kartellrechtlich zulässig sind. Nun hat die EU-Kommission dazu Stellung bezogen. Sie vertritt die Meinung, dass solche Drittplattformverbote auch bei Markenartikeln, die keine Luxuswaren sind, zulässig sein können.

Das deutsche Bundeskartellamt ist bei dieser Frage viel strenger. Die Kartellbehörden der Mitgliedsstaaten stehen nun vor der Frage, ob sie eher der Auffassung der Kommission oder jener der Deutschen folgen – angesichts der Ausbreitung von Onlinemarktplätzen von großer wirtschaftlicher Bedeutung.

Coty Germany vertreibt ihre Luxusprodukte in einem "selektiven Vertriebssystem". Händler dürfen sie in der Regel nicht über Drittplattformen wie Amazon vertreiben. Parfümerie Akzente, ein autorisierter Einzelhändler von Coty, hielt sich nicht daran und wurde geklagt. Das OLG Frankfurt legte dem EuGH die Frage, ob das Drittplattformverbot gegen das EU-Kartellverbot verstieß, zur Klärung vor. Der EuGH sagte Nein.

Kernbeschränkung

Grundsätzlich verbietet das Kartellrecht jede Vereinbarung zwischen Unternehmen, die eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt. Unter bestimmten Voraussetzungen sind Vereinbarungen jedoch vom Verbot freigestellt. Unter anderem kommt es laut Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) darauf an, dass die Vereinbarung keine "Kernbeschränkungen" enthält. Dabei handelt es sich um eine Liste an Klauseln, bei denen Kartellrechtswidrigkeit grundsätzlich vermutet wird.

Im Fall Coty kam der EuGH zum Schluss, dass das vereinbarte Drittplattformverbot keine Kernbeschränkung darstellt, weil Verbraucher, die Waren über Onlineplattformen kaufen, keine abgrenzbare Gruppe innerhalb der Community von Internetshoppern sind. Cotys Regeln ermöglichten den Vertrieb über Drittplattformen unter bestimmten, engumgrenzten Voraussetzungen und gaben den Händlern die Möglichkeit, über Suchmaschinen zu werben und dadurch einen weiten Kundenkreis anzusprechen. Aus Sicht des EuGH war deshalb auch der Verkauf an Endverbraucher nicht beschränkt.

Hier unterscheiden sich die Standpunkte von Kommission und Bundeskartellamt: Die Kommission geht davon aus, dass Drittplattformverbote ganz generell keine Kernbeschränkung darstellen; das Kartellamt sieht das anders und hält sie daher für unzulässig.

Das EuGH-Urteil lässt – außer für Luxuswaren – beide Lesarten zu. Die Stellungnahme aus Brüssel dürfte allerdings richtungsweisende Wirkung haben. (Anna Wolf-Posch, Patrick Samek, 18.4.2018)