Konstanz – Eine Aufführung des Theaterstücks "Mein Kampf" von George Tabori in Konstanz sorgt im Vorfeld für Ärger. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft in der Bodensee-Region und die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Konstanz kritisierten in einem offenen Brief unter anderem, dass die Premiere am 20. April auf den Geburtstag von Adolf Hitler fällt.

"Die Geschmacklosigkeit hat Programm"

"Die Geschmacklosigkeit hat Programm", hieß es bei den Gesellschaften. Zudem hatte das Theater den Zuschauern freien Eintritt angeboten, wenn sie bereit seien, im Saal ein Hakenkreuz-Symbol zu tragen. Wer eine reguläre Karte kaufe, sollte sich dagegen bereit erklären, einen Davidstern zu tragen. Die Gesellschaften riefen zum Boykott auf: "Es gibt eine dritte Option: Man kann auch keine Theaterkarte kaufen."

Theater: Korrumpierbarkeit aufzeigen

Das Theater reagierte am Freitag auf die Vorwürfe: Zum einen könnten Zuschauer, die das Premierendatum als Provokation empfänden, Karten umtauschen. Zudem könnten Besucher, wenn sie eine Karte zum regulären Preis kauften, selbst entscheiden, ob sie einen Davidstern als Zeichen der Solidarität mit den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft tragen wollten. Mit der Idee der Freikarte gegen das Tragen eines Hakenkreuzes habe man unter anderem zeigen wollen, wie schnell man Menschen korrumpieren könne, sagte eine Sprecherin.

Weiter teilte das Theater mit: "Wir möchten zum Ausdruck bringen, dass wir trotz unseres Erstaunens über die stellenweise öffentliche Vorverurteilung froh sind über die bundesweite Beteiligung an dieser aus unserer Sicht längst überfälligen Debatte." Taboris "Mein Kampf" ist nach Angaben des Theaters eine Karikatur der früheren Jahre Hitlers. Das Stück zeige, "dass wir nicht von Ideologien befreit sind, die sich in einer Persönlichkeit konzentriert auch heute noch zu historischem Horror entwickeln können."

Das Theaterstück des 2007 Berlin gestorbenen Tabori wurde nach seiner Wiener Uraufführung in der Saison 1986/87 in einer Kritikerumfrage zum "Stück des Jahres" gewählt. Die gleichnamige Verfilmung durch den Schweizer Regisseur Urs Odermatt kam 2010 in die Kinos. (APA, 15.4.2018)