Berlin – Nach dem Abgang von Chris Dercon hält Volksbühnen-Interimschef Klaus Dörr nichts von einer überstürzten Nachfolge-Regelung. "Schnellschüsse richten nur Schaden an", sagte Dörr der "Süddeutschen Zeitung" (Montag). "Für die qualifizierte Vorbereitung einer Intendanz braucht man anderthalb bis zwei Jahre", so Dörr. Genau wie gute Regisseure stünden potenzielle Intendanten nicht Schlange.

Kultursenator Klaus Lederer (Linke) müsse entscheiden, ob die Aufgabe von einer oder mehreren Personen übernommen werden solle. Angesichts "der Bedeutung der Ära Frank Castorfs" halte er es fast für ausgeschlossen, dass ein einzelner Intendant das schaffen könne. Dörr brachte eine Struktur mit mehreren prägenden Regisseuren ins Spiel, denen man das Haus zur Verfügung stelle. "Ich kann mir vorstellen, dass man in Osteuropa, wo bedeutende Regisseure aus politischen Gründen Probleme mit ihrer Arbeit haben, wichtige Künstler für die Volksbühne finden kann."

Dörr betonte: "Wir werden alle Verträge, die mit Künstlern abgeschlossen wurden, einhalten. Gleichzeitig versuchen wir, repertoirefähige Neuproduktionen für die große Bühne zu initiieren. Wir müssen nach und nach ein Repertoire aufbauen und die Voraussetzungen für den Neuaufbau des Ensembles schaffen."

Bis dahin müsse improvisiert werden. "Ich will nicht pathetisch werden, aber es geht jetzt darum, dieses Theater zu retten." Er werde unter anderem "auf befreundete Theater zugehen und fragen, ob sie Möglichkeiten der solidarischen Unterstützung sehen." Am Freitag hatte die Kulturverwaltung mitgeteilt, Lederer und Dercon hätten sich einvernehmlich darauf verständigt, die Intendanz mit sofortiger Wirkung zu beenden. Dercon war bereits vor seinem Amtsantritt von Teilen der Berliner Kulturszene massiv kritisiert worden. (APA/dpa, 16.4.2018)