Die britische Premierministerin Theresa May hat die Luftschläge auf Syrien robust verteidigt. Die Aktion der drei westlichen Vetomächte im UN-Sicherheitsrat sei legal gewesen und genieße breite Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft, sagte die Konservative am Montagnachmittag im Unterhaus. "Wir haben in unserem nationalen Interesse gehandelt. Dazu gehört es, den weiteren Einsatz von Chemiewaffen zu verhindern und den globalen Konsens zu ihrer Ächtung zu verteidigen."

Debatte im britischen Unterhaus am Montagnachmittag.
BBC News

Der Erklärung durch May folgte eine Sonderdebatte, die von einer Labour-Hinterbänklerin beantragt worden war. Den Versuch der Minderheitsregierung, die Debatte selbst anzuführen, vereitelte der Parlamentspräsident, Speaker John Bercow. Mit diesem Verfahrenstrick wollten die Konservativen der Opposition den Wind aus den Segeln nehmen und sicherstellen, dass der Debatte kein bindendes Votum folgt. Hingegen fordern Labour und die schottischen Nationalisten vehement eine nachträgliche Abstimmung. Deshalb haben die Fraktionsführer sämtliche Abgeordneten dazu vergattert, bis Dienstagabend dafür bereitzustehen.

Keine Informationen

Viele der erst am Montag aus den Osterferien zurückgekehrten Abgeordneten empören sich darüber, dass sie vor dem Militärschlag gegen Syrien nicht informiert, geschweige denn gefragt worden waren. Notfalls hätte das Unterhaus ein paar Tage eher zusammengetrommelt werden sollen, argumentiert beispielsweise der konservative Alterspräsident Kenneth Clarke. Der 77-jährige Veteran teilte aber auch mit, er unterstütze die klar umgrenzte Militäraktion.

Grundsätzlicher argumentiert hingegen Labour-Oppositionsführer Jeremy Corbyn. "Diplomatie, nicht Bombardement, kann das Leid in Syrien beenden", findet der Pazifist (68), der in seiner 35-jährigen Parlamentszugehörigkeit stets alle britischen Kriegsbeteiligungen abgelehnt hat. Den Einsatz vom Samstag bezeichnete Corbyn als "grundfalsch"; zudem habe er auf falschen Voraussetzungen beruht. "Entweder war er lediglich symbolisch und damit als Abschreckung völlig wirkungslos. Oder es war der Vorläufer zu einer größeren Militäraktion." Diese berge das Risiko einer Eskalation bis hin zur Konfrontation zwischen den USA und Russland.

Corbyn für Inspektionen

Viel weise darauf hin, so Corbyn weiter, dass das Regime von Bashar al-Assad für den Chemiewaffeneinsatz von Douma verantwortlich war. Der Labour-Chef sprach sich dafür aus, den Inspektoren der Institution zur Ächtung von Chemiewaffen OPCW rasch Zugang nach Douma zu verschaffen, "mit nachdrücklichem diplomatischem Druck auf Russland und Syrien". Wenigstens mache die Debatte deutlich, "dass die Premierministerin diesem Parlament verantwortlich ist, nicht den Launen des amerikanischen Präsidenten", höhnte Corbyn und erntete damit Kopfschütteln bei May.

May sowie ihre Minister haben stets betont, dass die Aktion vom Samstag für sich stehe. Es sei um ein Signal gegen das Regime von Bashar al-Assad und dessen Einsatz von Chemiewaffen gegangen, aber nicht um ein Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg, geschweige denn um einen Regimewechsel. Man habe Assads Waffenarsenal verringert und den syrischen Präsidenten vom erneuten Gebrauch seiner Massenvernichtungswaffen abgeschreckt.

"Obsessive Russophobie"

Unterdessen hat der russische Außenminister Sergej Lawrow die Moskauer Rhetorik zusätzlich verschärft. Gegenüber dem BBC-Programm "Hardtalk" verurteilte der erfahrene Diplomat nicht nur den Militärschlag gegen Syrien. Er sprach auch von "obsessiver Russophobie – das sieht nach Genozid durch Sanktionen aus" – offenbar eine Anspielung auf die zusätzlichen Russland-Sanktionen, die von Donald Trumps US-Administration angekündigt wurden.

In einem Aufsatz für den "Guardian" sprach sich Labour-Chef Corbyn ausdrücklich für ein Ende der "endlosen Konfrontationsrhetorik gegenüber Moskau" aus. Erst dann werde ein UN-Konsens zur Beendigung des Bürgerkriegs in Syrien wahrscheinlicher. (Sebastian Borger, 16.4.2018)