Jean-Claude Juncker (links) geriet durch die Blitz-Ernennung Martin Selmayrs (rechts) zum Generalsekretär der EU-Kommission unter Druck.

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Straßburg – Im Europaparlament hat der zuständige Ausschuss nach der umstrittenen Blitz-Ernennung von Martin Selmayr zum Generalsekretär der EU-Kommission eine Neuauflage des Nominierungsverfahrens gefordert. Es müsse auch anderen Kandidaten die Möglichkeit gegeben werden, sich um den Spitzenposten zu bewerben, heißt es in einer Entschließung, die der Ausschuss für Haushaltskontrolle am Montagabend verabschiedete.

Dies würde ein "breitere Wahl" unter mehreren Bewerbern ermöglichen. Der Ausschuss räumte jedoch zugleich ein, dass die Annullierung der Ernennung Selmayrs juristisch schwierig ist. Er forderte daher zugleich die EU-Kommission auf, ihre Beförderungsregeln zu ändern, damit Bewerbungsverfahren in Zukunft "offen und transparent" ablaufen.

Abstimmung am Mittwoch

Der deutsche Spitzenbeamte sei in einer "putschartigen Aktion" befördert worden, heißt es in der mit sehr großer Mehrheit verabschiedeten Entschließung weiter. Dabei seien die Grenzen des Rechts "gedehnt und möglicherweise sogar überdehnt" worden. Der Text wird nun dem Plenum vorgelegt, das am Mittwoch darüber abstimmen soll.

Der Ausschuss habe in der Frage seine Position verhärtet, betonte der deutsche Grüne Sven Giegold nach der Abstimmung. Damit habe er der EU-Kommission und ihrem Präsidenten Jean-Claude Juncker "eine Lektion erteilt." Die internen Regeln der Brüsseler Behörde müssten nun dringend verbessert werden, sagte der SPD-Europaabgeordnete Arndt Kohn. "Wir wollen so einen Zinnober nicht noch einmal erleben."

Rücktrittsdrohung Junckers

Das Parlament hat zwar keine Befugnis, Selmayr oder den Kommissionspräsidenten Juncker abzusetzen. Durch die heftige Kritik gerät Juncker aber weiter unter Druck. Er hatte dafür gesorgt, dass sein bisheriger Kabinettschef Ende Februar vom Kollegium der Kommissare zum stellvertretenden Generalsekretär und wenige Minuten später zum Generalsekretär der Brüsseler Behörde ernannt wurde. Damit steht der 47-Jährige nun an der Spitze der Behörde mit rund 32.000 Bediensteten.

Angesichts der massiven Kritik hatte Juncker Mitte März fehlende Unterstützung für seine Personalentscheidung beklagt und mit Rücktritt gedroht. Später sagte er jedoch vor Journalisten, es werde nicht so weit kommen. (APA, 16.4.2018)