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Sich auspowern, um den Kopf freizubekommen.

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In dieser Woche hat sich Doris Knecht die Mamils (Middle Aged Men in Lycra) genauer angeschaut. Ihre Erkenntnis: Männer, die in Bewegung bleiben, sind besser drauf.

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Von den Kerlen, die ich kenne, machen die meisten entweder viel Sport oder gar keinen, beides mit Leidenschaft. Letztere nennen wir hier mal Churchills, nach dem alten No-Sports-Zitat, ausgeleiert wie ein tausendmal benutztes Theraband. Mein Freundeskreis enthält davon einige, was sich nicht mit der Statistik deckt, denn laut einer aktuellen Eurostat-Untersuchung gehören die österreichischen Männer zu den fittesten in Europa: 53,3 Prozent trainieren regelmäßig. Überraschenderweise sind trotzdem 55,1 der österreichischen Männer übergewichtig. Verblüffend.

Unter den Sportmännern kenne ich viele, die aus dem grünen Bereich gern mal heraustreten, sozusagen die Komfortzone verlassen, in die eine oder andere Richtung, oder besser: sowohl in die eine als auch in die andere Richtung, indem sie einerseits ganz schön hart feiern und sich dann sehr hart kasteien. Schädelwehpulver ist etwas für Lulus, die gehen nach einer durchzechten Nacht einfach einmal 15 oder 20 Kilometer laufen, durch Berg und Tal.

Feiern und schwitzen

Es scheint sich um eine Art kathartisches Ritual zu handeln: so ein bisschen ins Extrem hineinspüren, testen, was der Organismus aushält, wie zäh man ist, wie groß die Selbstdisziplin, was man packt. Wer feiert, kann auch schwitzen; und wer schwitzt, darf dann auch wieder ungeniert über die Stränge hauen. Ausgleichssport im ursprünglichsten Sinne. Die meisten von denen sind wirklich fit.

Die Mamils auch. Mamil steht als Abkürzung für Middle Aged Men in Lycra: Männer in den besten Jahren, die sich nach einem langen Tag oder einer anstrengenden Woche umgehend in atmungsaktive Funktionsbekleidung hüllen, sich aufs Rennrad schwingen oder loslaufen, gern auch in Gruppen.

Mamils scheinen relativ häufig von einer Art Fluchtimpuls getrieben. Haben sie abends und an Wochenenden die Wahl zwischen Familienidyll und Schweiß, wählen sie überraschend oft das Zweite: Laufen, Rennradeln, Fitnessstudio, Tennisklub – Hauptsache auspowern, um den Kopf freizubekommen. Sich abreagieren, damit man es nicht zu Hause tut.

Ihre SOs (Significant Others) reagieren darauf recht unterschiedlich: Netzbeichten wie "Married to a Mamil" oder "The Shame of being married to a Mamil" sind zahlreich und nicht durchgehend von freundlicher Stimmung getragen.

Tendenziell ist es allerdings, das beweisen sportmedizinische Untersuchungen, angenehmer, mit einem Mamil zu leben als mit einem Churchill: körpereigene Endorphine, erhöhte Sauerstoffzufuhr und ein angekurbelter Stoffwechsel wirken als eine Art Bio-Do-it-yourself-Antidepressivum.

Hauptsache also, Mann bleibt in Bewegung: Sport macht Männer froh, ist so. (Doris Knecht, RONDO, 25.4.2018)

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