EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini wollte mit ihrem Besuch in Skopje nach der Veröffentlichung der Fortschrittsberichte deutlich machen, dass Mazedonien mit den EU-Verhandlungen beginnen dürfen soll.

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Die Reise geht ins Hoffnungsland auf dem Balkan, Mazedonien, das trotz des Namensstreits mit Griechenland von der EU-Kommission das beste Zeugnis ausgestellt bekommen hat. EU-Kommissar Johannes Hahn und die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini wollen mit ihrem Besuch in Skopje am Mittwoch nach der Veröffentlichung der Fortschrittsberichte für die EU-Aspiranten ein Zeichen setzen. Und die Botschaft lautet: Mazedonien soll endlich mit den EU-Verhandlungen beginnen dürfen. Es liegt allerdings nun an den EU-Staaten, dies zu beschließen.

Das Zwei-Millionen-Einwohner-Land hat gleichzeitig mit Kroatien, das längst Teil der EU ist, im Jahr 2005 den Kandidatenstatus bekommen, aber wurde auf seinem Weg in die Nato und die EU stets durch das Veto Griechenlands gehindert. Nun soll der Streit um den Staatsnamen Mazedonien endlich gelöst werden. Alle Augen sind deshalb auf Athen gerichtet.

Lob für Mazedonien

Die Kommission lobt, dass die Mazedonier Griechenland sehr entgegengekommen sind und dem Flughafen und der Autobahn, die früher beide nach Alexander dem Großen benannt waren, einen neuen Namen verpasst haben. Als möglicher neuer Name für den Staat kursiert übrigens "Neues Mazedonien". Mazedonien hat jedenfalls seit dem Regierungswechsel vor einem Jahr Reformkurs aufgenommen.

Das System war zuvor von Parteiinteressen unterlaufen, nun wurde die Gewaltenteilung wieder eingeführt und die Rechtsstaatlichkeit gestärkt. Insbesondere die Unabhängigkeit der Justiz, aber auch die Freiheit der Zivilgesellschaft haben sich gebessert. Gefordert werden von der EU – wie in allen anderen Staaten – mehr Anstrengungen bei der Integration der Roma.

Albanien kämpft gegen Cannabis-Anbau

Positiv kommt auch Albanien weg, das gerade eine umfassende Justizreform durchführt. Vor wenigen Wochen hat die Untersuchungskommission einen Verfassungsrichter wegen seines unerklärlich hohen Vermögens von 700.000 Euro gefeuert. Kurz zuvor war auch ein hoher Beamter im Berufungsgericht wegen der Obstruktion der Reformen entlassen worden. Auch im Fall Albanien empfiehlt Hahn die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen.

Gelobt werden auch Erfolge bei der Korruptionsbekämpfung und bei der Bekämpfung des illegalen Cannabis-Anbaus. Die Kommission kritisiert allerdings, dass zu viele Albaner unbegründeterweise in der EU um Asyl ansuchen.

Vom Nachbarland Montenegro wird vor allem eine umfassende Wahlreform gefordert – so werden etwa Lokalwahlen nicht gleichzeitig abgehalten. Auch die letzte Präsidentschaftswahl am Sonntag zeigte, wie berechtigt das Misstrauen ist. So sind 540.000 der 630.000 Einwohner auch als Wähler registriert – Experten rechnen damit, dass es zehntausende Karteileichen gibt. Insgesamt sieht die EU-Kommission Montenegro "mäßig" auf den EU-Beitritt vorbereitet, von 30 geöffneten Verhandlungskapiteln wurden drei geschlossen. Gelobt wird der Fortschritt im Firmenrecht und in der Landwirtschaft, kritisiert wurden Rückschritte bei öffentlichen Ausschreibungen und keine Fortschritte bei der Meinungsfreiheit.

Kritik an Montenegros Asylpolitik

Montenegro ist auch einer der Staaten, denen angeraten wird, dringend ihre Ausländer- und Asylpolitik angesichts zunehmender Migranten zu verbessern. Die Asylverfahren sollen an jene der EU angeglichen werden. Zudem sollen – speziell Montenegro und Serbien, aber auch die anderen EU-Aspiranten Rückführungsmechanismen für illegal Eingewanderte einführen, damit diese wieder in ihre Heimatstaaten zurückgeschickt werden können. Das wird erstmals gefordert. In jüngster Zeit sind vor allem Arbeitsmigranten aus Marokko und Algerien, die Richtung Österreich und Deutschland reisen wollen, nach Montenegro gekommen. Die EU fordert, dass auch die Visapolitik Montenegros mit jener der EU abgeglichen werden soll.

Serbiens wettbewerbsfähige Marktwirtschaft

Auch Serbien werden "mäßige" Vorbereitungen für den EU-Beitritt attestiert. Die Kommission stellte im Februar eine Beitrittsperspektive für 2025 in Aussicht – aber nicht nur entscheidende EU-Staaten wie Deutschland, sondern auch Experten sehen das Datum als verfrüht an. Gelobt wird im Fall von Serbien der "gute Fortschritt", um eine wettbewerbsfähige Marktwirtschaft zu schaffen – insbesondere das Budgetdefizit wurde gedrückt.

Kritisiert werden der politische Einfluss auf die Justiz, die verbreitete Korruption und die fehlenden Untersuchungen und Verurteilungen im Bereich der organisierten Kriminalität, etwa der Geldwäsche. Gefordert wird auch, dass "Serbien seine Außen- und Sicherheitspolitik in der Zeit bis zum Beitritt schrittweise an die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union anpassen" müsse. So unterstützt Serbien etwa nicht die Sanktionen gegen Russland, Montenegro hingegen schon.

Von Serbien wird zudem verlangt, "substanzielle Anstrengungen" im Dialog mit dem Kosovo zu machen, etwa das Energieabkommen umzusetzen, um schließlich einen bilateralen Vertrag, der alle offenen Fragen mit dem Nachbarn abschließend klärt, zu unterschreiben. Dasselbe wird vom Kosovo verlangt, der nach wie vor von Serbien nicht als Staat anerkannt wird. Hier geht es vor allem um die Schaffung eines Gemeindeverbands für die serbisch besiedelten Dörfer.

Kritisiert wird, dass in diesen Gemeinden Politiker, die nicht der von Belgrad dominierten Partei "Serbische Liste" angehören, eingeschüchtert werden. Prinzipiell wird dem Kosovo attestiert, noch in einem "frühen Stadium" der Annäherung an EU-Standards zu sein – insbesondere was Korruption und organisiertes Verbrechen betrifft. Gelobt wird die verhältnismäßig pluralistische und lebhafte Medienszene.

Reformbedarf in Bosnien-Herzegowina

Im Fall von Bosnien-Herzegowina hat die Kommission eher einen Rückschrittsbericht ausgestellt. Dringend gefordert wird eine Änderung des Wahlgesetzes, weil ansonsten die Gefahr bestehe, dass die Wahlen im Oktober gar nicht abgehalten werden können. Kritisiert werden ansonsten der Mangel an Reformen und die Verzögerungstaktik der Regierenden. Insgesamt sei Bosnien-Herzegowina in vielen Bereichen in einer "frühen Phase" der Angleichung an EU-Standards. Dieser Befund passt auch zu dem weitverbreiteten Motto in der bosnischen Gesellschaft: "Polako samo polako – langsam, immer nur langsam", heißt es oft. (Adelheid Wölfl, 17.4.2018)