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Justin Trudeaus Liberale Partei überlegt die Entkriminalisierung aller Drogen.

Foto: REUTERS/Chris Wattie

Ottawa/Wien – Schon Monate bevor Kanada als erster G7-Staat Marihuana vollständig legalisieren wird, plant die Regierung offenbar einen Schritt noch viel weiteren Schritt: Sie will laut Berichten alle Drogen entkriminalisieren. Eine entsprechende Resolution soll bei einem Kongress der Liberalen Partei von Premier Justin Trudeau in Halifax diskutiert werden. Zuvor hatten bereits andere Parteien, etwa die Demokraten, ähnliche Vorstöße gewagt.

Man gehe landläufig davon aus, dass Drogen schlecht seien und Konsumenten ins Gefängnis gesteckt werden sollten, sagte der liberale Abgeordnete Nathaniel Erskine-Smith. Betrachte man jedoch die tatsächliche Beweislage und Expertenmeinungen, erkenne man, dass das die falsche Herangehensweise sei, zitierte ihn der "Guardian" unter Berufung auf kanadische Medien.

Die Bewertung des Drogenkonsums als krimineller Akt habe nur einen lukrativen Schwarzmarkt befeuert, der die Behörden wertvolle Zeit koste und Menschen am Rand der Gesellschaft noch weiter marginalisiere. Die anhaltende Opioidkrise in Nordamerika hat bereits mehr als 4.000 Kanadier das Leben gekostet, obwohl die Regierung Schritte zur Bekämpfung der Krise gesetzt hat. Unter anderem werden sterile Injektionseinrichtungen bereitgestellt, Ärzten dürfen zudem bei schweren Abhängigkeiten Heroin verschreiben. Das seien zwar wichtige Schritte, wolle man aber Leben retten, müsse man "offensichtlich mehr tun", so Erskine-Smith.

Vorbild Portugal

Die Globale Kommission für Drogenpolitik der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und weitere Organisationen unterstützt das Vorhaben. Portugal, das bereits 2001 Besitz und Konsum von Drogen entkriminalisierte, habe beeindruckende Statistiken vorzuweisen. Dort sei die Zahl der Todesfälle durch eine Überdosis massiv zurückgegangen, ebenso bei HIV-Infektionen und Kriminaldelikten in Verbindung mit Drogenkonsum.

Der Verkauf und die Produktion von Drogen sollen in Kanada jedoch wie bei Marihuana verboten bleiben, betont Erskine-Smith. Premier Trudeau hat sich bisher nur für eine Entkriminalisierung von Marihuana ausgesprochen, das er laut eigenen Angaben auch selbst gelegentlich konsumiert. Vor allem die oppositionelle Konservative Partei spricht sich seit Jahren vehement gegen eine Entkriminalisierung harter Drogen aus – auch wenn deren Abgeordnete in Einzelgesprächen oft liberalere Positionen durchblicken ließen, sagt Erskine-Smith. (faso, 17.4.2018)