Berlin/Wien – Mit einer eiligen Entscheidung der Nachfolge von Chris Dercon an der Berliner Volksbühne darf man, geht es nach Kultursenator Klaus Lederer, ja nicht rechnen. Er wolle sich die "nötige Zeit dafür" nehmen, sagte er.

Namen kursieren dennoch bereits, denn Spekulationen sind selten geduldig. Unter denen, die von der Presse und Kollegen Chancen eingeräumt werden, ist etwa Shermin Langhoff, aktuell hoch erfolgreiche Intendantin am Maxim-Gorki-Theater. Auch der Name von Armin Petras fällt – leitet er doch noch bis zum Sommer gemeinsam mit dem neuerdings zugleich interimistischen Volksbühnen-Chef Klaus Dörr das Schauspiel Stuttgart.

Dass Matthias Lilienthal (noch Münchner Kammerspiele) das zur Langsamkeit beschworene Rennen machen könnte, wird eher bezweifelt, zu sehr sei er in die Wahl Dercons involviert gewesen, heißt es.

"Sonst hat man einmal kein Theater mehr"

"Diverser, weiblicher, jünger" hatte Lederer als Ziel für die Nachbesetzung ausgegeben. Regisseur Ersan Mondtag, als Jahrgang 1987 definitiv Vertreter einer jüngeren Generation, mahnte bei der Nachbesetzung Mut ein.

Denn: "In 20, 30 Jahren wird es das Bürgertum nicht mehr geben. Die Leute werden nicht mehr wissen, was Kabale und Liebe von Schiller ist, weil es einen ganz anderen Kultur-Codex geben wird. Es wäre ein visionärer Vorgang, das jetzt zu erkennen und daran zu arbeiten. Wenn wir die Theater als Kommunikationsorte erhalten wollen, müssen wir längerfristig mitdenken, dass sich eine neue, viel diversere Mitte aufbaut. Die muss man aber jetzt schon ans Theater binden. Sonst hat man einmal kein Theater mehr." Er selbst stünde für die Volksbühne "selbstverständlich" zur Verfügung, aber "Hauptsache" sei "kein Rollback zu alt-etablierten Theatergrößen", so Mondtag.

Eine "Rolle rückwärts", also den langjährigen Volksbühne-Chef Frank Castorf ans Haus zurückzuholen, lehnte auch Lederer in der Tageszeitung Neues Deutschland ab. (wurm, APA, 18.4.2018)