Innsbruck – Etwas, das laut Uni Innsbruck als "Eis XVIII" in die Lehrbücher eingehen könnte, haben Forscher der Universität zusammen mit Kollegen aus Dortmund entdeckt. Es handelt sich um eine bislang unbekannte Form von Eis – zur Bestätigung muss aber erst noch die Kristallstruktur bestimmt werden.

Eis VI und Eis XV

Unter "unirdischen" Druck- und Temperaturverhältnissen kann Wassereis neben der uns vertrauten (Eis I) noch in 16 – oder jetzt 17 – weiteren Varianten auftreten; keine davon kommt unter natürlichen Bedingungen auf der Erdoberfläche vor. Eis VI beispielsweise wurde auf Himmelskörpern wie dem Jupitermond Ganymed indirekt nachgewiesen, wo hunderte Kilometer dicke Eisschichten für ausreichenden Druck sorgen. Eis VI gibt es aber auch im Inneren der Erde, nämlich im oberen Erdmantel in 200 bis 500 Kilometern Tiefe bei Temperaturen oberhalb von null Grad Celsius, wie Einschlüsse in Diamanten belegen.

Obwohl diese Eisform als kristallin bezeichnet wird, handelt es sich bei Eis VI laut Uni Innsbruck eigentlich um einen "frustrierten Kristall", weil hier nur die Sauerstoffatome periodisch angeordnet sind, während die Wasserstoffatome chaotisch orientiert sind. Wird Eis VI abgekühlt, können sich auch die Wasserstoffatome periodisch anordnen. Es entsteht wieder eine geordnete Eisform – das wäre dann Eis XV.

Solche "Paarbildungen" sind die Regel: Für beinahe alle ungeordneten Eisformen wurden in der Vergangenheit auch entsprechende geordnete Eisformen nachgewiesen. "Aus Eis VI hat Christoph Salzmann 2009 hier in Innsbruck erstmals die geordnete Eisform Eis XV hergestellt", erzählt Thomas Lörting vom Institut für Physikalische Chemie der Uni Innsbruck. Nun ist es dem Team um Lörting durch einen veränderten Herstellungsprozess gelungen, eine zweite geordnete Form für Eis VI zu erzeugen – dabei soll es sich den Forschern zufolge um eine neue Art von Ordnung handeln.

Der Neuzugang

"Bei unserem Experiment sind wir in den Bereich des bekannten Eis VI gegangen. Typischerweise haben wir bei einer Temperatur von minus 20 Grad Celsius und einem Druck zwischen 500 und 20.000 bar Eis VI weiter abgekühlt. Der Clou an unserer Arbeit war, dass wir den Prozess des Abkühlens umgestaltet haben", sagt Lörting. Im Gegensatz zur früheren Vorgehensweise, die Probe möglichst schnell abzukühlen, haben die Forscher nun bis zu einhundertfach langsamer gekühlt. Je höher der Druck war, desto näher kam man der neuen Struktur Eis XVIII. Bei 18.000 bis 20.000 bar zeigte sie sich am eindrücklichsten.

"Mit unserer Methode ist es möglich, die Ordnung der Wasser-Dipole und damit die Eigenschaften des Eises zu steuern. Die Dielektrizitätskonstante dieser Eisformen kann sich zum Beispiel um das Hundertfache unterscheiden", sagt Lörting, der darin auch Potenzial für die Materialwissenschaften sieht.

Noch ist es den Wissenschaftlern aber nicht gelungen, die Kristallstruktur zu bestimmen. Sobald diese gefunden ist, könnte die neu entdeckte Form als Eis XVIII offiziell anerkannt werden. (red, APA, 18. 4. 2018)