Edward Norton und Brad Pitt im Flugzeug ("Fight Club").

Foto: Centfox

Eine Bekannte zählt immer die Reihen bis zum nächsten Notausstieg ab. Aber auch weniger ängstliche Passagiere kennen das bange Gefühl, im Flugzeug von Fantasien eingeholt zu werden. Die Schreckensbilder kommen so verlässlich wie das Ritual der Sicherheitsdurchsage: zerberstende Triebwerke, rapider Druckabfall, Hijacking oder nur eine Tür oder ein Fenster, das nicht richtig schließt.

Tritt dann einer der Fälle tatsächlich ein, haben wir sofort Bilder im Kopf. Freilich ohne etwas gesehen zu haben – so wie am Dienstag bei einer Maschine auf dem Flug nach Dallas, bei der eine Person nach einer Triebwerksexplosion beinahe aus dem Fenster gesaugt wurde und später an ihren Verletzungen starb.

Die Bilder, die unsere Fantasien kolonisieren, kommen oft aus dem Kino. Ein hermetischer Raum, keine Möglichkeit für Flucht, einem Captain ausgeliefert – ein gefundenes Fressen für sadistische Drehbuchautoren. Die Fantasien sind mit diesen auch schon mal durchgegangen. In Snakes on a Plane sorgten etwa unzählige Giftschlangen dafür, dass gleich zwei Urängste aufeinandertrafen.

Die Lebensversicherung zahlt doppelt

Eine hintergründigere Variante von Flugzeugfantasien findet sich dagegen in David Finchers Fight Club. Da sehnt Edward Norton als Untertan der modernen Dienstleistungsgesellschaft bei jedem Start in den Himmel den Ausnahmefall herbei. Die Flugzeugwand zerbirst, ein Sitz nach dem anderen wird ins Freie gesaugt. Die Lebensversicherung, sagt er, zahlt in solchen Fällen doppelt.

Der Wunsch nach der Katastrophe ist hier deckungsgleich mit dem Wunsch nach dem Ende der ewiggleichen Maloche, nach dem Betriebsausfall. Im Austausch der Bilder vom dienstägigen Unglück in sozialen Medien drückt sich viel eher die Erleichterung aus, wieder einmal davongekommen zu sein. Bis zum nächsten Flug, wenn die Fantasie wieder anspringt. (Dominik Kamalzadeh, 18.4.2018)