Die Schauspielerin Sarah Born wohnt in Wien-Ottakring in einer Wohngemeinschaft – und zwar aus tiefster Überzeugung. Hier kann sie sich in ihrem Zimmer verkriechen, ist aber gleichzeitig nur wenige Schritte von ihren Mitbewohnerinnen entfernt. An sonnigen Tagen reden auf dem Balkon sogar die Nachbarn mit.

"Meine Begeisterung für Wohngemeinschaften hat mit 17 begonnen. Ich ging auf eine Schauspielschule in London und wohnte dort mit zwei anderen in einem Zimmer. Wenn man das nicht gewohnt ist, dann ist es erst einmal eine krasse Umstellung. Aber es wurde eine sehr schöne Erfahrung.

Schauspielerin Sarah Born (ganz rechts) mit ihren beiden Mitbewohnerinnen.
Foto: Nathan Murrell

In Wien machte ich mich dann mit einer Freundin auf die Suche nach einer Wohnung. Wir haben die ärgste Wohnung im neunten Bezirk gefunden, die vor der Generalsanierung billig an Studenten vermietet wurde. Ein Vormieter hat in diese riesige Wohnung eine große Badewanne mit einem goldenen, wasserspuckenden Schwan eingebaut. Wir sind dann dort zu sechst bzw. siebt eingezogen und haben einige rauschende Feste zu Ehren des Schwans gefeiert. In dieser Konstellation haben wir dann sieben Jahre in unterschiedlichen Wohnungen gelebt.

Vor zweieinhalb Jahren hat es sich aber ein bisschen aufgelöst. Wir entschlossen uns, zu dritt weiterzuziehen. Ich war anfangs skeptisch: Nur zu dritt zusammenwohnen – und nach sieben Jahren 'Balanced Gender Distribution' nun ein Dreimäderlhaus? Meine Sorgen waren am Ende lächerlich, weil wir nun auf unseren 80 Quadratmetern zu dritt mit unserem Havanesermischling total glücklich sind. Und Ottakring ist ein toller Bezirk, weil er so bunt ist.

An dem Tisch sitzen alle zusammen beim Abendessen. Es gibt aber auch das Zimmer als Rückzugsort.
Foto: Nathan Murrell

Jetzt, wo es wieder wärmer wird, sind wir viel auf unserem Balkon. Tagsüber, wenn die Mannerfabrik in Betrieb ist, riecht es, als würden hundert Omas Schokokuchen backen. Abends, wenn wir draußen sitzen und die Nachbarn rundherum ebenfalls auf ihren Balkonen oder an den Fenstern sind, trinken wir ein Bier und plaudern alle miteinander. Man kennt sich mittlerweile.

Ich habe das kleinste Zimmer, weil ich so viel unterwegs bin. Unsere Einrichtung hat sich so ergeben. Am liebsten sitzen wir auf unseren beiden Lehnstühlen in der Küche beim Fenster. Einer ist von der Caritas, den anderen haben wir von einem früheren Mitbewohner geerbt. Wir streiten uns also zu dritt um die zwei Stühle. Am Ende stapeln wir uns irgendwie. Bei unseren Möbeln ändert sich eigentlich nicht so viel. Aber im Bad hätten wir gerne ein neues Kastl, um den Staubsauger unterzubringen.

Pflanzen sind mir wichtig. Wenn ich zu Hause bin, dann kümmere ich mich um sie. Wenn nicht, dann sind meine Mitbewohnerinnen dafür zuständig. Wenn sie darauf vergessen, dann ist das so ziemlich der einzige echte Streitpunkt.

Die beiden Lehnstühle sind heiß begehrt. Einer ist von der Caritas, der andere ein Erbstück eines früheren Mitbewohners. Bei wärmeren Temperaturen zieht es alle ins Freie – auch den WG-Hund, einen einjährigen Havanesermischling.
Foto: Nathan Murrell

Ich sage immer: Eine Wohngemeinschaft ist wie eine Beziehung. Manchmal muss man daran arbeiten, manchmal ist es mühsam, und man muss sich durchbeißen. Aber ich war und bin gesegnet mit den besten Mitbewohnern der Erde. Drei Dinge braucht es: Man muss sich einfach mögen, braucht viel Humor und klare Regeln. Eine davon ist: Wenn jemand die Tür zumacht, dann ist sie zu. Dann ist es so, als wäre die Person nicht da. Wenn ich mich für eine Rolle vorbereite, dann kann nicht dauernd jemand reinkommen. Das sind teils schräge Prozesse, da brauche ich die Sicherheit, dass ich in Ruhe gelassen werde.

Ich bin in dieser Hinsicht ein bisschen bipolar. Ich brauche auf der einen Seite viel Ruhe und fahre weg oder verkrieche mich in meinem Zimmer. Aber in dem Moment, wo ich rausgehe, habe ich wieder ganz viel Leben um mich. In meinem Beruf geht es vor allem um Leben und Menschen, deswegen habe ich beides gerne um mich. Wenn ich auf lange Sicht allein wohnen müsste, würde ich wahrscheinlich durchdrehen. Wenn man mit unterschiedlichen Menschen zusammenwohnt, dann bekommt man ständig neue Impulse, das hält einen wach. Eine WG ist daher eine sehr gesunde Wohnform, finde ich.

Besteck- und Kaffeekannensammlung.
Foto: Nathan Murrell

Ich kann mir später auch gut vorstellen, mir mit mehreren Familien ein Haus zu teilen. Mein zugegebenermaßen vollkommen unrealistischer Wohntraum wäre ja ein Frank-Lloyd-Wright-Häuschen an einem Weinberg, mit viel italienischer Sonne, einem Stück Meer und nur zwei Gehminuten von der nächsten Straßenbahn ins Wiener Stadtzentrum. Das wäre perfekt. Und dann, viel später, ziehe ich in eine Alten-WG." (Franziska Zoidl, 9.5.2018)