Foto: Nathan Murrell

Die Wiener Schauspielerin Waltraut Haas wohnt seit über 50 Jahren in einem selbstgebauten Haus in Hietzing, nur einen Steinwurf von den ORF-Rosenhügelstudios entfernt. Den eigenwilligen Kachelofen im Wohnzimmer hat sie dabei genauso ins Herz geschlossen wie die sie seit Jahrzehnten begleitende Rolle als Mariandl.

"Dieses Haus haben mein verstorbener Mann Erwin Strahl und ich gemeinsam gebaut, und zwar nach unserer Eheschließung 1966, also vor mehr als 50 Jahren! Natürlich hatten wir damals einen Architekten an unserer Seite, der sich um das Technische und Behördliche gekümmert hat, aber im Großen und Ganzen kann man sagen, dass ganz allein mein Mann den Entwurf verantwortet hat. Ich mag das Haus. Es liegt in einer ruhigen Gegend, nicht weit von den Rosenhügelstudios des ORF entfernt, und hat eine richtig schöne Atmosphäre. Es gibt einen gemeinsamen Wohnbereich sowie zwei getrennte Arbeitsbereiche, sodass mein Mann und ich uns bei der konzentrierten Arbeit niemals gegenseitig gestört haben. Jeder hatte sein eigenes Revier. Ich denke, das ist ein guter Garant für eine glückliche, gelungene Ehe.

Waltraut Haas mit ihrer fünfjährigen Puppi auf der Kaminbank.
Foto: Nathan Murrell

Einer meiner Lieblingsplätze, an dem ich mich mit meiner Puppi, meiner fünfjährigen Hündin, am liebsten aufhalte, ist die Sitzbank neben dem Kamin. Ich gebe zu, der Kamin ist recht eigenwillig und durchaus gewöhnungsbedürftig. Für mich aber bleibt er eine schöne und wichtige Erinnerung an meinen Mann – und solange ich lebe, was ja eh nicht mehr so lang sein wird, bleibt der Kamin so, wie er ist.

Was die Einrichtung betrifft, so kann ich nur sagen: Fast alles, was Sie hier sehen, stammt aus der Münchner Wohnung meines Mannes. Ein paar Stücke, wie etwa die Sitzbank im Wohnzimmer, haben wir gemeinsam in Italien gekauft. Das sind tolle Möbel mit einer tollen Qualität, die auch heute noch so ausschauen, als wären sie neu. Außerdem habe ich etliche Schutzengerln an der Wand hängen, die über mich wachen. Die sind alle von meinem Mann, der sie für sein Leben gerne gesammelt hat. Mit einem der Schutzengel ist eine nette Anekdote verbunden.

Die Hausbar mit Reiseandenken und Schutzengerln an der Wand hat noch ihr Mann Erwin Strahl entworfen. Auch der Kamin ist für Waltraut Haas eine schöne und wichtige Erinnerung an ihn.
Fotos: Nathan Murrell

Und zwar war das so: Wir haben einmal einen Kanarienvogel von den Kanarischen Inseln mitgebracht. Eines Tages stand unvorsichtigerweise die Terrassentüre offen, und der Vogel war verschwunden. Am folgenden Samstag haben wir gehört, wie Edith Klinger in ihrer Sendung Wer will mich? von einem entflogenen Kanarienvogel berichtet hat. Er sei im Park eines Behindertenheims einem jungen Mann im Rollstuhl zugeflogen, der den Vogel eigentlich nicht mehr hergeben wollte. Nun denn, wir einigten uns darauf, dass die Heimleiterin vorbeikommt und von uns einen Beweis für den Besitz des Kanarienvogels einholt. Daraufhin habe ich gesagt: "Also gut ... Sehen Sie diesen einen Barockengel an der Wand, den einen genau in der Mitte, der von oben bis unten weiß angegackt ist? Wenn du den Vogel aus dem Käfig lässt und er sich genau da draufsetzt, dann ist das unserer!" Was soll ich Ihnen sagen? So war es dann natürlich auch.

"Anekdoten gäbe es noch viele mehr zu erzählen. Das Haus steckt voller Geschichte", sagt Waltraut Haas.
Fotos: Nathan Murrell

Anekdoten gäbe es noch viele mehr zu erzählen. Das Haus steckt voller Geschichte. Und doch ist es so, dass ich die schönsten Momente in der Ferne und in der Fremde erlebt habe. Zwölf Jahre lang sind mein Mann und ich in der Blüte unseres Lebens auf Tournee gewesen. Wir waren auf der MS Europa und auf der Maxim Gorki unterwegs und haben in dieser Zeit wirklich die Welt kennengelernt. Wir waren fast überall! Nur die Galapagosinseln fehlen mir noch, was ich zutiefst bedauere. Aber man kann ja nicht alles haben. Jedenfalls war das, wenn ich zurückblicke, die wahrscheinlich schönste und glücklichste Zeit meines Lebens.

Eine besondere Erinnerung verbinde ich mit Papua-Neuguinea. Mitten im Urwald sind wir damals auf einen kleinen Restaurantbetrieb gestoßen, in dem seit 30 Jahren eine österreichische Köchin tätig war. Und dann kommt diese Köchin mit einem Hendl in der Hand aus der Küche, schaut mich an und fängt an zu singen: "Mariandl-andl-andl, aus dem Wachauer Landl-Landl ..." Sie meinte, sie hätte mich sofort erkannt, weil ihr ihre Nichte aus Wien regelmäßig Musikkassetten zuschickte, und auf einer davon wäre mein Gesicht zu sehen gewesen. Mariandl im Urwald! Was war das für ein Moment! Das Mariandl und die Rößlwirtin sind jene beiden Rollen, die mich mein ganzes Leben lang geprägt und begleitet haben.

Foto: Nathan Murrell

Manchmal werde ich gefragt, ob es mich denn nicht nerve, immer auf das Mariandl angesprochen zu werden. Aber ganz und gar nicht! Film und Theater waren immer schon meine große Leidenschaft. Solange ich auf der Bühne stehen kann, werde ich glücklich sein. (Wojciech Czaja, 26.4.2018)