Cambridge/Wien – Sarcophilus harrisii ist ein armer Teufel – ein armer Beutelteufel, um genau zu sein. Der auch unter dem Namen Tasmanischer Teufel bekannte Raubbeutler, der ausschließlich auf der australischen Insel Tasmanien lebt, hat gleich doppeltes Pech: Er ist von zwei ansteckenden Krebserkrankungen betroffen. Solche infektiösen Tumoren sind bei Säugetieren äußerst selten – die Entstehung zweier Formen in einer Art innerhalb von nur Jahrzehnten stellte Biologen vor ein veritables Rätsel.

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Den Beutelteufeln wird ihre Bissigkeit zum Verhängnis: Sie infizieren sich gegenseitig mit tödlichen Krankheiten.
Foto: Reuters/DANIEL MUNOZ

Forscher der Universität Cambridge haben nun untersucht, was die Beutelteufel so anfällig für diese Krankheiten macht – und wie ihnen zu helfen ist. Ihre Studie im Fachblatt Cancer Cell fällt vorsichtig positiv aus: Es gibt einerseits keine Hinweise auf Umweltfaktoren, die das Tumorwachstum begünstigen, andererseits existieren bereits Krebsmedikamente für die Behandlung von Menschen, die auch den krebsgebeutelten Beutlern helfen könnten.

Rasantes Massensterben

Die erste Variante des ansteckenden Gesichtstumors (Devil Facial Tumour Disease, DFTD) wurde Mitte der 1990er-Jahre entdeckt. Schnell war klar, dass der Bestand der Beutelteufel durch die sich rapide ausbreitende Krankheit stark bedroht ist. 2014 fanden Forscher dann heraus, dass auch noch eine zweite, ähnliche DFTD-Form unter den Tieren grassiert. Aktuelle Zahlen verheißen nichts Gutes: In manchen Teilen Tasmaniens wurden schon fast 90 Prozent der Beutelteufel dahingerafft.

Der Übertragungsweg wurde schon früher geklärt: Die Tiere liefern sich untereinander heftige Kämpfe um Nahrung und Fortpflanzungspartner, bei denen sie sich, unter lautem Gekreische, gegenseitig häufig in die Schnauze beißen. Dabei werden Tumorzellen weitergegeben, die zunächst Geschwüre im Gesicht verursachen, sich dann zu größeren Tumoren entwickeln und über den gesamten Körper ausbreiten. Die meisten Tiere verhungern schließlich, weil sie nicht mehr in der Lage dazu sind zu fressen.

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Tödliche Tumoren: Ein Beutelteufel im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium.
Foto: AP

Molekularer Angriffspunkt

Rätselhaft blieb, wie die Tumorzellen das Beutelteufel-Immunsystem so effektiv überrumpeln können. Die Forscher um Elizabeth Murchison analysierten nun die genetischen Profile der beiden Tumorlinien und verglichen sie mit Daten zu menschlichen Krebsarten. Dabei entdeckten sie keinerlei Hinweise darauf, dass äußere Faktoren wie etwa Viren oder UV-Strahlung für die Seuche verantwortlich sind.

Stattdessen identifizierten sie Mutationen in Genen, die eine wichtige Rolle bei der Erkennung von Krebszellen durch das Immunsystem spielen. Vor allem aber zeigte sich, dass bestimmte Moleküle – sogenannte Rezeptor-Tyrosinkinasen (RYKs) – zentral für Ausbreitung und Wachstum der Tumoren sind. Genau das ist auch die gute Nachricht: In der Humanmedizin sind bereits Medikamente im Einsatz, die diese Rezeptoren anvisieren. Erste Versuche mit Beutelteufel-Gewebe im Labor zeigten positive Effekte. Murchison: "Die Ergebnisse stimmen uns optimistisch, dass wir die Medikamente zur Rettung dieser ikonischen Tiere vielleicht bereits in den Händen halten." (David Rennert, 18.4.2018)