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Ein vertrautes Pläuschchen im Waldai-Klub: Wolfgang Schüssel und Wladimir Putin in Sotschi im Jahr 2014.

Foto: REUTERS/Mikhail Klimentyev/RIA Novosti

Wien – Manchmal wird es ganz offiziell verlautbart. Viel öfter dagegen ist das (ab)geneigte Publikum auf Zufälle und/oder Nebenprodukte juristischer Ermittlungen angewiesen, durch die Aktivitäten vormaliger österreichischer Politiker im Dienst osteuropäischer Autokraten und Oligarchen an die Öffentlichkeit gelangen.

Vergangene Woche etwa wurde bekannt, dass der frühere Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) in den Aufsichtsrat des größten russischen Telekomkonzerns MTS berufen worden ist. Das Unternehmen gehört dem Oligarchen Wladimir Jewtuschenkow, der sich in den vergangenen Jahren mit Figuren aus dem ökonomischen Umfeld Präsident Wladimir Putins in die Haare und so ins Visier der russischen Justiz geraten ist. Eine Vergleichszahlung von mehr als 100 Milliarden Rubel planierte die Sache 2017. Schüssel, heißt es, soll sich bei MTS um die Beziehungen zur EU kümmern.

Auch Ex-Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) heuerte unlängst offiziell als Berater für die geplante Ostseepipeline Nord Stream 2 an. An dem Projekt ist die OMV beteiligt. Schelling war bis vor kurzem für die Staatsbeteiligung an dem Ölkonzern verantwortlich. Der europäische Cheflobbyist für die Nord-Stream-Gasröhren ist der ehemalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), der wiederum OMV-Chef Rainer Seele zu seinen engsten Freunden zählt.

Anwaltskanzlei Lansky

Schröder ist auch gern gesehener Gast in der Anwaltskanzlei Lansky, Ganzger und Partner in der Wiener Biberstraße. Diese geriet vor knapp drei Jahren ins Rampenlicht, als das Nachrichtenmagazin Der Spiegel über die Beraterverträge und Honorare berichtete, die über die Kanzlei Lansky abgewickelt wurden. Dabei ging es darum, dass ehemalige europäische Spitzenpolitiker Schönwetter für den kasachischen Diktator Nursultan Nasarbajew machen sollten. Eine prominente Stelle nahm damals der ehemalige Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) ein – gemäß den vom Spiegel zitierten Unterlagen für ein Honorar von 400.000 Euro jährlich. Auf Anfrage des STANDARD erklärte Anwalt Gabriel Lansky, dass er "entgegen der Propaganda" des kasachischen Alijew-Clans weder die kasachische Regierung noch Präsident Nasarbajew vertreten habe, noch Gerhard Schröder oder Gusenbauer "unter Vertrag habe".

Der frühere SPÖ-Chef tauchte jedenfalls Anfang des Jahres auch in einer Anklageschrift des US-Sonderermittlers Robert Mueller auf, der mutmaßliche Verbindungen zwischen dem Wahlkampfteam Donald Trumps und der russischen Regierung aufklären soll. Eine zentrale Rolle spielt dabei Paul Manafort, der ehemalige Wahlkampfmanager Trumps mit besten Beziehungen nach Osteuropa und Russland. Dem Dokument zufolge soll Manafort 2012 und 2013 eine Reihe von europäischen Politikern eingekauft haben, um Stimmung für den damaligen russlandfreundlichen Präsidenten der Ukraine Wiktor Janukowitsch zu machen. Die Runde mit dem informellen Namen "Hapsburg Group" wurde laut Muellers Staatsanwälten "von einem früheren europäischen Kanzler gemanagt". Gusenbauer räumte nach Bekanntwerden der Affäre ein, sich für ein Abkommen der EU mit der Ukraine starkgemacht zu haben, bestritt aber jedwedes Lobbying.

Ukrainisches Intermezzo

Ein ukrainisches Intermezzo legte auch der vormalige Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) ein. Nach seinem Ausscheiden aus der Politik 2015 arbeitete er zeitweilig für die "Agency for the Modernization of the Ukraine". Hinter dieser Organisation steht der in Wien lebende ukrainische Oligarch Dmitry Firtasch, der von den USA mit internationalem Haftbefehl gesucht wird und gegen den ein Auslieferungsverfahren läuft. (Christoph Prantner, 19.4.2018)