Wien – Deutlich mehr Geld für Gewaltschutz und Gleichstellung fordert die NGO-Allianz "Gewaltfrei leben" von der Regierung. Die derzeit vorgesehenen Mittel von rund zehn Millionen Euro seien eindeutig zu wenig, hieß es am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien. Verbesserungen im Gewaltschutz seien ohne entsprechende finanzielle Mittel nicht möglich.

"Wir wissen nicht, ob, wann und in welcher Höhe wir Geld bekommen", sagte Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF), "das ist existenzbedrohend und beängstigend." Zudem gebe es Gerüchte, dass das Budget des zuständigen Ministeriums für Frauen, Familien und Jugend noch geringer ausfallen werde als zuletzt.

Mehr Frauenhausplätze ohne Geld?

"Es kann nicht auf dem Rücken der Fraueneinrichtungen gespart werden, das trifft die Frauen und Kinder selbst", gab Rösslhumer zu bedenken. In Österreich ist jede fünfte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt. Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein. "Wenn die Ministerin (Juliane Bogner-Strauß; Anm.) von 100 zusätzlichen Plätzen in Frauenhäusern spricht, aber kein Geld hat, ist das nur ein Lippenbekenntnis", sagte Rösslhumer.

Die Allianz "Gewaltfrei leben" ist ein seit 2016 bestehender Zusammenschluss von mehr als 30 Opferschutz- und Zivilgesellschaftseinrichtungen. Als ihre Aufgaben bezeichnet sie die Unterstützung der Umsetzung der Grevio-Empfehlungen und die Förderung der Implementierung der Istanbul-Konvention. Der vom Europarat installierte Monitoring-Mechanismus Grevio (Group of Experts on Action against Violence against Women and Domestic Violence) hat Österreich hinsichtlich des Umgangs mit Gewalt an Frauen sowie häuslicher Gewalt geprüft und das Ergebnis des Berichts im September vergangenen Jahres veröffentlicht. Grundsätzlich bescheinigte Grevio Österreich eine "starke Führungsrolle" beim Schutz vor häuslicher Gewalt, in mehreren Bereichen gebe es jedoch Verbesserungsbedarf.

Nur ein "Bruchteil der Folgekosten"

"Im Programm der derzeitigen Regierung kommt die Instanbul-Konvention überhaupt nicht vor", kritisierte Ulrike Lunacek, Schirmherrin der Allianz. Dabei sei "Gewalt gegen Frauen eine der am weitesten verbreiteten Menschenrechtsverletzungen". Österreich solle sich im Rahmen des EU-Ratsvorsitzes ab 1. Juli stärker für die Umsetzung der 45 Grevio-Empfehlungen einsetzen, forderte Lunacek. "Dafür braucht es Geld", stellte Lunacek klar. "Österreich wird als Vorreiterland im Gewaltschutzbereich gesehen – dazu wurde es auch durch das Engagement zahlreicher Frauenorganisationen." Derzeit stagniere die Entwicklung in diesem Bereich jedoch bzw. sei sogar rückläufig. Mit einer Erhöhung der finanziellen Ressourcen würde Österreich seine internationalen Verpflichtungen durch die Istanbul-Konvention erfüllen.

Die NGO-Allianz fordert ein Budget von 210 Millionen von der Regierung. Das sei nur ein Bruchteil der geschätzten Folgekosten von Gewalt, die in Österreich jährlich rund 3,7 Milliarden Euro betragen, hieß es. Langfristig würde die Investition in Gewaltprävention dem Staat aber Kosten sparen.

"Frauenagenden sind wichtig, aber es ist ja kein Geld da. Das hören wir seit Jahrzehnten", kritisierte Lena Jäger, Mitinitiatorin des Frauenvolksbegehrens. Gewalt könne nicht losgelöst von Geschlechterungerechtigkeit betrachtet werden, daher betreffe ein Drittel der Forderungen des Volksbegehrens die Sicherheit, erklärte Jäger. "Das gesamte Thema Gewalt wird im Regierungsprogramm zu einem reinen Kulturproblem gemacht, es ist aber in unserer Kultur verankert", so die Aktivistin. (APA, 19.4.2018)