Wien/Boston (Massachusetts) – Die meisten Lungenkrebserkrankungen werden erst in einem späten Stadium diagnostiziert. Dadurch verschlechtert sich die Überlebenprogonse enorm, denn die Therapie ist dann zumeist wenig erfolgreich. Eine neue Studie mit einer Kombination von Chemo- und Immuntherapie könnte eine deutliche Verbesserung bringen, erklärt der Wiener Lungenkrebsspezialist Maximilian Hochmair, der Co-Autor einer internationalen Studie zu diesem Thema.

Die wissenschaftliche Arbeit ist jetzt im New England Journal of Medicine anlässlich der Jahrestagung der amerikanischen Gesellschaft für Krebsforschung (AACR) erschienen. "Für Patienten mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Adenokarzinom der Lunge werden diese Ergebnisse wohl die Behandlungsstrategie verändern. Das gilt für rund 70 Prozent der Lungenkrebspatienten", sagte Hochmair.

In die Studie wurden 616 Lungenkrebspatienten mit einem Adenokarzinom im Stadium IV ohne vorhergehende Therapie aufgenommen. Ein Drittel erhielt eine Standardbehandlung mit dem Chemotherapeutikum Cisplatin oder einem ähnlichem Arzneimittel plus dem Zytostatikum Pemetrexed und Placebo. Zwei Drittel der Kranken bekamen statt dem Placebo eine Immuntherapie mit dem monoklonalen Antikörper Pembrolizumab. Der monoklonale Antikörper soll die Unterdrückung der körpereigenen Immunabwehr durch den Tumor aufheben und wieder "scharf" machen. Nach Ende der Chemotherapie erhielten die Patienten entweder weiterhin regelmäßig Pembrolizumab oder das Scheinmedikament verabreicht.

Mortalitätsrate reduziert

Die Ergebnisse: Nach einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 10,5 Monate ergab sich eine Überlebensrate von 69,2 Prozent für ein Jahr in der Gruppe der Patienten mit der Immuntherapie. In der Vergleichsgruppe ohne diese Behandlung war der Anteil der nach einem Jahr noch lebenden Patienten 49,4 Prozent. Das Sterblichkeitsrisiko verringerte sich somit um etwa die Hälfte. Durchschnittlich wurde unter der Chemo-Immuntherapie ein progressionsfreies Überleben von 8,8 Monaten erreicht, in der Vergleichsgruppe waren es 4,9 Monate. Die Häufigkeit des Auftretens von schweren Nebenwirkungen war in beiden Gruppen de facto gleich.

Interessant ist, dass der positive Effekt unabhängig davon auftrat, ob die Tumorzellen an ihrer Oberfläche viele PD-L1-Strukturen aufwiesen oder nicht. Der Signalweg zwischen PD-L1 und PD-1 auf Tumor- und Immunzellen vermittelt die Unterdrückung der Abwehrkräfte durch die bösartigen Zellen. Der Effekt von Pembrolizumab bei diesen Lungenkarzinomen dürfte aber nur bedingt von PD-L1 abhängen. Die moderne Krebs-Immuntherapie mit monoklonalen Antikörpern ist noch sehr kostenaufwendig.

Keine Krebserkrankung ist tödlicher als das Lungenkarzinom. Jährlich werden weltweit 1,8 Millionen Neudiagnosen gestellt. 1,6 Millionen Menschen sterben an der Krankheit. Damit stellen Lungenkarzinome die häufigste Krebsform weltweit dar, die Zahlen steigen eher noch an. Die 1,8 Millionen Neuerkrankungen jährlich sind 12,9 Prozent aller Krebsleiden, die 1,6 Millionen Lungenkrebs-Todesfälle machen 19,4 Prozent der Krebs-Todesfälle aus.

Tabakkonsum einschränken

Langfristig wäre das Problem nur durch den weltweiten Stopp beim Tabakrauchen in den Griff zu bekommen. Hier hat Österreich mit der durch die schwarz-blaue Regierung gemachten Aufhebung des geplanten Gastro-Rauchverbotes in jüngster Vergangenheit im internationalen Vergleich einen Rückschritt gemacht.

Der Wiener Onkologe Christoph Zielinski hat dazu erst vor wenigen Tagen erklärt: "Wenn eine Gesundheitsministerin (Beate Hartinger-Klein/FPÖ; Anm.) zulässt, dass von ihrer Bundesregierung das Nichtraucher-Schutzgesetz aufgehoben wird, sollte sie zurücktreten." (APA, 19.4.2018)