Thomas Schwab – in Mannheim.

Thomas Schwab hielt nichts mehr in Österreich. Er sah keine Möglichkeit, sich beruflich weiterzuentwickeln. Nach seinem Bachelor in Wirtschaftswissenschaften an der WU Wien inskribierte er für den Master Economics.

Während des Studiums arbeitete er als wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Finanzwissenschaften und als Forschungsassistent am Institut für Höhere Studien. "Eigentlich war da schon klar, dass ich mich in meinem Spezialgebiet Öffentliche Finanzwirtschaft in Wien kaum weiterentwickeln kann", sagt der 29-Jährige.

Also verbrachte er sein letztes Mastersemester auf Erasmus an der Freien Universität Berlin und studierte dort Public Economics. Anschließend bewarb er sich für Promotionsprogramme im Ausland.

Auf nach Mannheim

Seit 2014 ist Schwab Doktorand am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim, wo er im Rahmen eines Promotionsprogramms Unternehmensbesteuerung beforscht. Nicht nur das Fachgebiet sei ausschlaggebend gewesen, auch die Forschungslandschaft für Doktoranden, sagt Schwab. "Hier in Mannheim gibt es ein Netzwerk von knapp 30 Doktoranden, die zu einem ähnlichen Thema forschen, wie ich. So findet mehr Austausch statt, was gerade anfangs hilfreich ist." Das sei in Österreich selten möglich, da nur wenige Doktoranden an der Uni angestellt sind und daher keinen Ort haben, um zu arbeiten.

Hinzu käme ein Lohngefälle von 25 Prozent für Praedoc-Stellen, sagt Schwab. Nicht nur das Gehalt ist besser: Schwab ist Vollzeit angestellt, in Österreich "ist es gut, wenn man eine Teilzeitstelle erhält". Auch die Infrastruktur fehle hierzulande an vielen Instituten, was auch zu einem schlechteren Image führe. "Ein Doktorat im Ausland wird mehr geschätzt als eines von einer österreichischen Uni", sagt Schwab. Zudem brauche man, wenn man eine Professur anstrebt, Auslandserfahrungen.

Brain Drain

Dass viele in Österreich ausgebildete Wissenschafter wegen der Karriere ins Ausland gehen, ist kein neues Phänomen. Immerhin 45 Prozent der vom österreichischen Universitätsprofessorenverband (UPV) befragten Professoren geben an, dass Jungwissenschafter internationale Forschungseinrichtungen den österreichischen vorziehen. Und allgemein schätzen die Befragten die Situation für begabte Nachwuchswissenschafter als eher schlecht ein. Nur rund 40 Prozent sehen "sehr gute" bis "eher gute" Karrierechancen für eine Laufbahn an der Uni.

Mehr Professuren

Bernhard Keppler ist Vorsitzender des UPV und sieht die Gründe für die schlechte Situation von Nachwuchswissenschaftern vor allem in der Unterfinanzierung der Unis, die dazu führe, dass es zu wenige Stellen und nötige Infrastruktur an den Instituten gebe. Die neue Hochschulfinanzierung biete die Chance, hier Verbesserungen zu schaffen.

Ebenfalls könne die geplante Aufweichung der Kettenvertragsregelung helfen: Derzeit können Uni-Verträge nur auf sechs Jahre befristet werden. Ist nach Ablauf der möglichen Befristung keine passende unbefristete Stelle frei, muss der Mitarbeiter die Uni verlassen. Für Ulrike Felt, Wissenschaftsforscherin an der Uni Wien, seien zwar die möglichen beruflichen Wege innerhalb der Uni mehr geworden, aber gleichzeitig die Anzahl der Positionen, die man etwa nach dem Doktorat einnehmen könne, nicht.

"Die Postdoc-Phase ist zu lange, man hat kaum Aussichten auf eine Professur, die nicht befristet ist", sagt Felt. Viele orientierten sich dann nach zehn Jahren Postdoc mit 40 Jahren um und gehen in die Wirtschaft, was mit einer rein akademischen Karriere schwierig sei. Das Problem gebe es auch international. Zudem müsste in Österreich die Zahl der finanzierten Doktoratsstellen erhöht werden, davon gebe es im Ausland mehr, was auch die Abwanderung erkläre.Trotz der Argumente, die Schwab ins Ausland gebracht haben, sagt er: "Ich muss nicht mit aller Gewalt im Ausland bleiben. Ergibt sich in Österreich eine passende Stelle, kann ich mir vorstellen, wieder zurückzukommen." (set, 21.4.2018)