Der mit den Steinfischen verwandte Indianerfisch Aetapcus maculatus zeigt seine Waffen.
Foto: William Leo Smith

Lawrence, Kansas – Fische aus der Gruppe der Drachenköpfe kann man auf zwei sehr unterschiedliche Arten sehen. Auf der einen Seite handelt es sich um gemütliche Zeitgenossen, die sich zumeist in Bodennähe aufhalten und nur in gemächlichem Tempo durchs Wasser dümpeln. Der Jagdaufwand beschränkt sich bei vielen Arten darauf, im richtigen Moment das Maul aufzureißen, wenn gerade ein geeignetes Beutetier vorüberschwimmt.

Auf der anderen Seite steht ihre Bewaffnung – sie ist es, die ihnen ein weitgehend ruhiges Leben ermöglicht. Die vorderen Strahlen der Rückenflosse sind zu Stacheln ausgebildet, und diese enthalten Giftdrüsen. Für seine Giftigkeit bekannt ist etwa der Rotfeuerfisch, noch gefährlicher sind aber Steinfische (Synanceiidae). Sie liegen, als algenbewachsene Steine getarnt, am Meeresgrund und produzieren ein Gift, das auch Menschen töten kann. In Australien müssen regelmäßig Badegäste mit einem Gegengift behandelt werden, nachdem sie versehentlich auf einen Steinfisch getreten sind. Und wer besonderes Pech hat, muss dafür nicht einmal ins Wasser gehen: Die Fische können auch einige Stunden am Strand überdauern, ehe die Flut sie ins Meer zurückträgt.

Zum Vergleich: Auf dem oberen Bild liegt das "Springmesser" an, auf dem unteren ist die Klinge ausgefahren. Der Kopf gehört zu einer weiteren bewaffneten Spezies, Paracentropogon.
Foto: William Leo Smith

Forscher der University of Kansas haben sich diese Tiergruppe nun etwas genauer angesehen und dabei festgestellt, dass ein Großteil der Arten aus dieser Gruppe über einen weiteren Verteidigungsmechanismus verfügt – einen, der manchem "Albträume bescheren" dürfte, wie es das Team um William Leo Smith etwas reißerisch formuliert. Dieser Mechanismus läuft in etwa auf ausklappbare Springmesser im Gesicht hinaus, berichten die Forscher im Magazin "Copeia".

Smith kam der bislang unbekannten Verteidigungswaffe auf die Schliche, weil er selbst einen Steinfisch als "Haustier" gehalten hatte. Als dieser starb, sezierte er ihn. Dabei stieß er auf Klingen-artige Skelettstrukturen an den Wangen der Tiere. Knochen, Muskeln und Bänder sind dort so ausgebildet, dass diese knöchernen Klingen im Bedrohungsfall herausschnellen und in der neuen Position stabil verankert bleiben. Smith nennt seine Entdeckung "Tränensäbel" aufgrund der Positionierung am Tränenbein ("lachrymal saber" klingt etwas beeindruckender).

Der Forscher, der das lange Zeit übersehene anatomische Merkmal auch dazu verwendet, die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb dieser Fischgruppe zu klären, vermutet, dass die Tränensäbel Fressfeinde abwehren sollen. Dafür würden unter anderem Bilder von Steinfischen im Maul großer Räuber sprechen – bei näherer Betrachtung zeigten diese, dass die bedrängten Steinfische stets ihre Klingen gezückt hatten. Denn ganz ohne Feinde sind selbst diese wehrhaften Tiere nicht. Wie schon ein anderer "Saber"-Träger sagte: Es gibt immer einen noch größeren Fisch. (jdo, 20. 4. 2018)