"Trendige und komfortable" Abayas für Frauensport in Saudi-Arabien.

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Die Sport-Abayas kommt auf den ersten Blick ungewöhnlich daher: extrem weite Hosenbeine mit einem sehr tiefsitzenden Schritt, der oft bis zu den Knöcheln reicht. Der Overall mit Reißverschluss ermöglicht es Frauen in Saudi-Arabien, Sport zu treiben.

Denn obwohl die Zeiten, in denen Abayas nur dazu dienten, den Körper der Frau beim Verlassen des Hauses zu verschleiern, längst vorbei sind und sie auch modisch genutzt werden, sind die klassischen Modelle mit ihrem langen Saum für den Sport vollkommen ungeeignet.

"Einfach Reißverschluss zu und fertig"

Deswegen greifen die Araberinnen auf sogenannte Sport-Abayas zurück. Diese stammen zumeist von Designerin Eman Joharjy, einer Pionierin, die sich auf "trendige und komfortable" Abayas spezialisiert hat.

"Ich habe sie zunächst für mich selbst entworfen, weil sie praktisch sind", sagte die 43-Jährige: "Einfach Reißverschluss zu und fertig." Als sie 2007 anfing, die sportlichen Anzüge zu tragen, galt das als rebellisch, und sie wurde mitunter als Batman verspottet.

Doch das hat sich geändert. Mittlerweile reißen sich die Damen um ihre Entwürfe. Entgegen der Maxime, dass Gewänder schwarz sein müssen, reicht Joharjys Farbkollektion von Pistaziengrün über Beige zu Weiß.

Und auch die Fußballfans unter den Frauen kommen auf ihre Kosten. Als allerneuester Schrei unter den Trendsetterinnen gelten Abayas in den Farben der lokalen Teams.

Aufschrei

Der wichtigste Aspekt bleibt jedoch der Komfort: Mit dem tiefen Schritt ist das lange Gewand zwar nicht vergleichbar mit europäischer Sportkleidung, doch den arabischen Frauen bietet sie die Freiheit, überhaupt sportlich aktiv zu werden.

Und obwohl die elastischen Overalls den weiblichen Körper komplett bedecken, sorgten Frauen im März für Aufruhr, als sie in Sport-Abayas durch die Straßen von Dschidda joggten. Die Stimmen der Konservativen verklangen jedoch, als Saudi-Arabiens westlich orientierter Kronprinz Mohammed bin Salman beim Fernsehsender CBS den Frauen eine Lockerung der Kleiderordnung zusagte.

Laut Scharia sei festgelegt, "dass Frauen anständige, respektvolle Kleidung tragen sollten wie Männer", sagte der 32-Jährige. Dies verlange jedoch nicht eine schwarze Abaya. Frauen seien völlig frei zu entscheiden, welche Art anständiger und respektvoller Kleidung sie trügen.

Auf Frauen angewiesen

Bin Salman ist vor allem am wirtschaftlichen Erfolg seines Landes interessiert und weiß, dass er zunehmend auf Frauen angewiesen ist. So dürfen diese ab Juni seit mehr als drei Jahrzehnten wieder selbst Auto fahren und unter anderem Sportstadien besuchen. Außerdem ist Mädchen seit September die Teilnahme am Sportunterricht staatlicher Schulen erlaubt.

Doch auch wenn die Frauen sich künftig nicht mehr verschleiern müssen, halten sie an dem Gewand fest. "Die Abaya ist wie die indische Sari: Sie ist Teil unserer Identität", sagte Joharjy.

Allerdings ergänzte sie: "Wenn Gott nicht wollte, dass Frauen Sport treiben, hätten wir keine Muskeln. Es hat niemand zu hinterfragen, was ich anhabe." (sid, red, 19.4.2018)