Die Dame bei der Autovermietung ist mit dem Schauen gar nicht gleich fertig geworden. Erst schießen wir ihre Tourentipps in den Wind – unter Angabe diverser Stoffgeschäfte als Reiseziel. Dann unterschreiben wir die sauteure Vollkasko-ohne-Selbstbehalt-Klausel, die sie in ihrem ganzen Leben wohl noch keine zweimal verkauft hat. Zu guter Letzt, als sie sichtlich stolz die Schlüssel zu einem fast nigelnagelneuen Vauxhall Mokka X überreicht und als einzige Antwort zurückbekommt: "Na ja, Hauptsache kein Opel", zieht sie sich zum Weinen zurück. Aber es sollen in den nächsten Tagen noch mehr Menschen an uns verzweifeln.

Eine breite und gerade Straße in den Highlands. Das muss man zeigen. Das findet man nicht immer – wie auch die schneebedeckten Gipfel auf wenigen Touristenfotos zu sehen sind.
Foto: Guido Gluschitsch

Etwa die Dame in Lochcarron in dem nach dem Ort benannten Geschäft. Lochcarron of Scotland ist der größte Hersteller von Tartan, von Stoffen mit dem Schottenkaro-Muster. Jeder Clan hat sein eigenes Muster – nein, mehr noch, seine eigenen Muster. Ein Tartan für die Jagd, einer für besondere Anlässe, und keine zwei Tartans sind gleich.

Da waren die Bösen daheim.
Foto: Guido Gluschitsch

Für jemanden, der neben einem Auto auch eine Nähmaschine zu bedienen weiß, ist Lochcarron ein Paradies. Zum einen wegen der Stoffe, zum anderen, weil der Weg dorthin so kurzweilig ist. Aber dazu gleich. Lassen wir erst der Verkäuferin die Farbe aus dem Gesicht schwinden:

Bei den Ausfahrten von Touristenfallen findet man gerne dieses Schild.
Foto: Guido Gluschitsch

Auf der Budel stapelten sich die Stoffballen, und die aufkeimenden Zweifel, dass wir das alles nie in unser Fluggepäck bekommen würden, zerstreute die freundliche Schottin mit dem Hinweis, dass sie uns den Stoff gern nach Hause schicken würde, wenn uns das helfen würde. "Ah, Österreich? Ist das bei der EU?", fragt sie noch, um etwaige Zollformalitäten schon vorab für uns erledigen zu können.

"Ja, das sind wir. Und wir bleiben auch noch ein Zeiterl."

Autofahren in Schottland ist ein Genuss, wenn man in Österreich automobil sozialisiert wurde.
Foto: Guido Gluschitsch

Die Schotten gehören zu den freundlichsten Menschen, die wir je getroffen haben. Aber bei diesem Thema, da ist dann endgültig der Ofen aus. Die Briten waren ja eh nie die besten Freunde der Schotten, denken wir nur an die vielen Schlachten und an die Highland Clearances, wo ab dem späten 18. Jahrhundert die gälischsprachigen Arbeiter vertrieben wurden. Und jetzt kicken die Briten die wirtschaftlich viel erfolgreicheren Schotten auch noch aus der EU.

Die freundlichsten Autofahrer

Abseits dieses Themas aber ist die Schottin, der Schotte sowas von herzlich und zuvorkommend, dass der gelernte Wiener manchmal die Welt nicht mehr versteht. Gerade was das Autofahren angeht, ist hier alles komplett anders. Und da meinen wir nicht den Linksverkehr, an den gewöhnt man sich schnell.

Die Frau Gemahl überlegt die Anschaffung eines Zweitwohnsitzes.
Foto: Guido Gluschitsch

Gewöhnungsbedürftiger sind die engen Straßen, die gern auch als "single-track roads" ausgeführt sind, also einspurige Straßen, die sich durch die Landschaft schlängeln und hin und wieder Verbreiterungen zum Ausweichen haben. Hätten wir eine ähnliche Situation in Österreich, warat jener der Sieger, der ohne Verzögerung durchbrettert. Einem Schotten würde das nie einfallen. In den Highlands hat gewonnen, wer als Erster in der Bucht steht und sich beim anderen via Handzeichen bedankt.

An der Ostküste.
Foto: Guido Gluschitsch

"Ihr habt aber auch die perfekte Zeit für eure Tour gewählt", erzählt uns der Hotelmanager eines alten und atemberaubend schönen Herrenhauses, bei dem wir zufällig einfallen. Wir wollen es nicht so recht glauben. Nachdem es letzte Woche bis zu 30 Zentimeter Neuschnee gab – in einem Land, wo Winterreifen so selten zu sehen sind wie Öpels -, ist das satte Grün bald noch weiter weg als Brüssel. Die meisten Sehenswürdigkeiten haben geschlossen, weil außer uns keine Touristen hier sind – wobei Letzteres schon seinen Reiz hat – wie der starke Wind, der das Meer an der Küste aufwühlt und selbst durch die Tweed-Mütze zieht wie nix. "Mitte März regnet es nur selten", sagt er, als er uns ein Ginger Beer und einen Whisky hinstellt. Und er hat recht. In einer Woche zählen wir gerade einmal fünf Regentropfen, wenn wir den Schneesturm außer Acht lassen, der gerade anhob, als wir Richtung Österreich abgehoben haben. "Und jetzt kommt man gut voran. Ab dem Wochenende sind wir ausgebucht, und auf den Straßen durch die Highlands stauen sich Wohnwägen und Campingbusse hinter Radfahrern."

Landschaft mit Frau und Auto.
Foto: Guido Gluschitsch

Das ist also die Herausforderung fürs nächste Mal: im Sommer mit dem linksgesteuerten Capri im Linksverkehr blunzige Camper herbrennen auf dem Weg zu den Schlössern. (Guido Gluschitsch, 27.4.2018)