Mission erfüllt: Die Bombe beim Hauptbahnhof wurde entschärft.

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Mit Hilfe eines Baggers wurde der Sprengkörper geborgen

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Berlin – Horst sitzt, in Hausschlapfen und mit einem kleinen Vormittagsbierchen, in der Bushaltestelle Invalidenstraße und genießt die Sonne. "So ruhig hier, toll wa?", sagt der Berliner Pensionist. Die Stille ist wirklich ungewöhnlich. Normalerweise ist die Straße stark befahren, sie führt direkt zum Berliner Hauptbahnhof, der täglich von 300.000 Menschen frequentiert wird.

Doch an diesem Freitag herrscht in der Hauptstadt Ausnahmezustand, was bedeutet: Es ist einmal nicht laut, sondern ruhig. In der Heidestraße, nördlich des Hauptbahnhofes, waren Bagger bei Bauarbeiten für ein schickes neues Stadtviertel auf eine 500 Kilogramm schwere Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg gestoßen. Und diese musste weg, was große Einschränkungen nach sich zog.

Zeichen an der Tür

"Um halb zehn stand die Polizei vor meiner Tür und sagte, ich muss raus" , sagt Horst. "Die ham sogar so 'n Zeichen an die Tür gemacht, damit nachher keiner sagen kann, sie hätten einen nicht gewarnt." Horst stört der Rummel nicht: "Ich bin ja Rentner und hab nüscht so viel zu tun."

Andere mussten mehr Umwege in Kauf nehmen. Von der Evakuierung betroffen waren auch das Sozialgericht, das Bundeswirtschaftsministerium, der Bundesnachrichtendienst und ein Teil des Bundesverkehrsministeriums. Das Krankenhaus Charité und das Bundeswehrkrankenhaus mussten teilweise geräumt werden. Insgesamt mussten 10.000 Menschen umziehen – und sehr, sehr viele Reisende.

Denn im 800-Meter-Sicherheitsradius befand sich auch der Hauptbahnhof, Knotenpunkt zwischen Ost und West, zwischen Nord und Süd, wo – vom ICE bis zur S-Bahn – alles verkehrt. Doch an diesem Freitag war von zehn bis 14 Uhr Schluss damit. "So ruhig war es hier noch nie", twitterte die Deutsche Bahn. Ihre Mitarbeiter hatte sie auf andere Berliner Bahnhöfe verteilt, die Shops blieben geschlossen.

Am Wochenende läuft nichts

"Eine vergleichbare Situation in diesem Ausmaß hatten wir noch nicht", sagte Friedemann Keßler, Leiter des Regionalbereichs Ost und verantwortlich für den Hauptbahnhof. "Wir haben schon dreimal geschluckt, als wir am Dienstagnachmittag von der Bombenentschärfung erfahren haben."

Da tauchte, nicht nur bei der Bahn, natürlich die Frage auf, warum die Entschärfung nicht am Wochenende hätte durchgeführt werden können. Antwort der Berliner Verwaltung: Es seien zu viele Behörden an den (Not-)Maßnahmen beteiligt, das sei eben nur an einem Werktag möglich.

Es ging dann alles glatt, weshalb viele viel Muße zum Twittern hatten und alle nicht Bombenbetroffenen mit ausreichend Informationen versorgen und so die Entschärfung zum medialen Happening machen konnten. 20 Minuten brauchte der Kampfmittelräumdienst, um den Zünder zu entfernen. Das erdige Trumm wurde nicht vor Ort gesprengt, das passiert weiter draußen, im Grunewald. Es wird auch nicht die letzte Sprengung sein. Man schätzt, dass in der Berliner Erde noch 3000 Bomben, Granaten und Munitionsreste liegen.

Am Nachmittag konnten alle in ihre Räume zurück und schon das nächste Berlin-Thema betratschen: Bürgermeister Michael Müller (SPD) will Berlin einen Feiertag schenken, weil es im Vergleich zu anderen Bundesländern nur so wenige hat. (bau, 20.4.2018)