Pacemaker laufen permanent im Schatten.

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Karl Aumayr (Startnummer 10) machte beim Salzburg-Marathon 2016 Tempo für Anita Baierl (Startnummer 11). Sie wurde am Ende bei ihrem Marathon-Debüt österreichische Staatsmeisterin.

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Wien – Beim Vienna City Marathon werden Läufer über jedes Fleckerl Schatten froh sein. Manche laufen jedoch permanent dort. Karl Aumayr ist einer von ihnen. Er fungiert für Katharina Zipser, im Vorjahr beste Österreicherin, als Pacemaker, vulgo Hase. "Ich laufe nicht vor, um vorne zu sein, sondern um jemanden nach vorne zu bringen", sagt der 35-Jährige.

Sportliche Aufgabe

Die Aufgaben eines Pacemakers sind genauso vielfältig wie die Bezeichnungen dafür. Alleine Wikipedia listet dafür Zug-, Bremsläufer, Schrittmacher oder Tempomacher auf. In Österreich nennt man sie Hasen, weil der Athlet ihnen hinterherjagt. Aumayr: "Ich sorge für den richtigen Rhythmus. Man macht sich vorher die angepeilte Zeit aus. Daraus ergibt sich eine bestimmte Pace. Die laufen wir dann." 4:15 Minuten pro Kilometer sind auf drei Stunden aus, 3:45 Minuten gehen schon in Richtung 2:40. "Bei einem guten Pacemaker muss die Athletin nie auf die Uhr schauen."

Das impliziert eines: "Man darf selbst nicht nahe am Zusammenbruch sein" , sagt Aumayr, Sieger des Salzburg-Marathons 2015. "Ziel ist ein stressfreies Rennen." Der Schrittmacher räumt den Weg frei und sorgt für reibungslose Überholmanöver. Alles könnte wertvolle Energie kosten.

Psychologische Aufgabe

Während der 42,195 Kilometer mache man ohnehin genug durch, "von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt". Der Pacemaker sei daher auch Psychologe, Kommunikation das Um und Auf. "Wenn es ihr schlecht geht, muss ich sie motivieren. Manchmal muss ich sie aber auch bremsen, wenn sie mir fast auf die Fersen steigt." Die Verantwortung liege aber immer bei der Athletin, "ich kann nur vor zu viel Übermut warnen".

Der Tonfall der Wortwechsel variiere. "Manche wollen, dass ich den Mund halte. Andere schreie ich an. Ein Pacemaker braucht das Gefühl für den richtigen Moment. Empathie ist entscheidend."

Pacemaker verpasst Weltrekord

Je länger man sich kenne, desto besser könne man die Aufgabe erfüllen. "2015 lief ich für eine Kenianerin. Ich habe sie 15 Minuten vor Start kennengelernt. Wir haben uns mit Händen und Füßen verständigt." Frauen sei leichter zu helfen, weil diese langsamere Zeiten laufen. In der männlichen Elite wird hingegen die Luft dünn. Einen schnelleren Läufer als Weltrekordler Dennis Kimetto zu finden, wäre schwierig. Veranstalter engagieren Pacemaker dann dafür, um das Tempo zumindest zu Beginn des Rennens hochzuhalten, Trödelei zu verhindern.

2004 in Berlin kam es zu einem Kuriosum: Paul Tergat lief Weltrekord, sein Pacemaker Sammy Korir wurde knapp Zweiter. Aumayr: "Wenn ich die Chance auf einen Sieg habe, würde ich die Rolle des Pacemakers nicht übernehmen."

Doppeltes Glück

Viele Marathons – Wien nicht – bieten aber auch Schrittmacher für die breite Masse an. "Als Drei-Stunden-Mann kann dir passieren, dass du irgendwann alleine dastehst. Oder 100 Leute starten mit dir, und 20 kommen ins Ziel. Um die 80 Weggefallenen kann ich mich dann aber nicht kümmern."

Aumayr bevorzugt daher die individuelle Betreuung. Kollektiv sei nur eines: "Wenn die Athletin ihr Ziel erreicht. Glück ist das Einzige, was sich verdoppelt, wenn man es teilt." Und dafür fristet er auch gerne ein Schattendasein. (Andreas Gstaltmeyr, 20.4.2018)