Den größten Teil des Tages verbringen viele Bajau unter Wasser. Ihre große Milz ist dabei ein Vorteil.

Foto: Melissa Llardo

Ein Bajau-Taucher zeigt eine traditionelle hölzerne Tauchmaske.

Foto: Melissa Ilardo

Kopenhagen/Wien – Wenn es ums Tauchen geht, dann sind die südostasiatischen Bajau kaum zu schlagen: Ihr Tieftauchrekord ohne technische Hilfsmittel liegt bei 79 Metern, dabei können sie bis zu drei Minuten die Luft anhalten. Im Alltag freilich kommen sie meist nicht an diese Rekorde heran, immerhin aber verbringen viele Angehörige dieses Seenomadenvolkes, das im Malaiischen Archipel zuhause ist, 60 Prozent ihres Arbeitslebens unter Wasser, um nach Fischen zu jagen.

Das Geheimnis hinter diesen außerordentlichen Tauchfähigkeiten hat nun ein Team um Melissa Ilardo von der Universität Kopenhagen enthüllt. Wie die Forscher im Fachjournal Cell berichten, liegt die spezielle Begabung der Bajau in ihren Genen begründet und ist damit eine Folge evolutionärer Entwicklungen.

Video: "Supertaucher" dank vergrößerter Milz.
Science Magazine

Milz hilft beim Tauchen

Sobald wir unsere Gesichter unter Wasser tauchen und die Luft anhalten müssen, reduziert sich unsere Herzschlagrate, und die Blutgefäße in den Extremitäten ziehen sich zusammen. Im selben Maße komprimiert sich auch die Milz und entlässt dabei mit Sauerstoff angereicherte rote Blutkörperchen in den Blutstrom. Eine größere Milz würde demnach für mehr Sauerstoff im Blutkreislauf sorgen und könnte damit auch längere Tauchgänge ermöglichen. Bei zahlreichen Robbenarten ist genau dies der Fall: Ihre im Verhältnis zu anderen Säugern vergrößerte Milz erlaubt es ihnen, lange unter Wasser zu bleiben.

Ilardo und ihre Kollegen haben diese physiologische Eigenschaft auch bei den Bajau festgestellt. Die Wissenschafter konnten im Rahmen einer umfangreichen Studie nachweisen, dass dieses Volk im Vergleich zu nichttauchenden Nachbarn jeweils eine im Durchschnitt signifikant größere Milz besitzt. Die Tatsache, dass Angehörigen der Bajau, die nicht regelmäßig tauchen gehen, eine ebenso vergrößerte Milz besitzen, ist für Ilardo ein stichhaltiger Beweis dafür, dass hier evolutionäre Vorgänge eine Rolle spielen.

Video: Survival Of Bajau Sea Gypsies Tribe.
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Maßgebliche Gene

Tatsächlich entdeckten die Forscher bei einer DNA-Analyse 25 Gene, die sich von jenen bei zwei benachbarten Völkern unterschieden. Eines davon, das Gen PDE10A, stellte sich als maßgeblich für die vergrößerte Milz bei den Bajau heraus. Dass dieses Organ bei den Bajau im Schnitt um rund 50 Prozent größer ist als bei Nachbarvölkern, zeige gemeinsam mit den genetischen Untersuchungsergebnissen, dass sich hier eindeutig eine Population durch Evolution an eine bestimmte Lebensweise angepasst hat, sind die Forscher überzeugt. (Thomas Bergmayr, 21.4.2018)