Bisher war die Stadt dagegen, nun gibt es eine Einigung auf ein Alkoholverbot am Praterstern.

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Wien – Noch ist der neue Chef der Wiener SPÖ, Michael Ludwig, gar nicht Bürgermeister. Dass in der Stadt nach dem 24. Mai, wenn Michael Häupl seinem Nachfolger das Amt übergibt, ein anderer Wind wehen wird, zeigte sich am Wochenende.

Ludwig erklärte vor Journalisten, dass Wien erstmals ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum verhängen wird – nämlich am Wiener Praterstern. Wie mehrere Medien berichten, soll die Verordnung bereits Ende kommender Woche in Kraft treten. Die Situation am Praterstern sei derzeit trotz intensiver Bemühungen vieler Beteiligter "nicht zufriedenstellend", befand er.

Neue rote Politik

Verboten dürfte der Konsum alkoholischer Getränke außerhalb der Gastronomie werden, mit Strafen von 70 bis 700 Euro (für Wiederholungstäter). Durch den Alkoholbann erwartet sich Ludwig die Entlastung des Brennpunktes. Er will zudem dafür sorgen, dass der Alkoholkonsum sich nicht in die nahegelegenen Wohngebiete verlagert.

Der Vorstoß Ludwigs kam überraschend. Noch Anfang April hatte es von der Stadtregierung eine klare Absage an ein Alkoholverbot gegeben. Damals hieß es aus dem Büro von Sozialstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ), im Vorjahr habe sich der Beirat für Sucht- und Drogenfragen der Stadt mit dieser Frage auseinandergesetzt und spreche sich gegen ein Alkoholverbot am Praterstern aus. Eine von der Sucht- und Drogenkoordination in Auftrag gegebene Untersuchung, in der Verbotszonen in verschiedenen europäischen Städten miteinander verglichen wurden, habe gezeigt: Ein Alkoholverbot benötige zu hohe Personalressourcen. Zudem müsse die Zone immer weiter ausgedehnt werden, um einem Verdrängungseffekt entgegenzuwirken. Am Praterstern würden die sozialarbeiterischen Maßnahmen verstärkt werden.

Frauenberger hatte in der Zwischenzeit allerdings ihren Rücktritt bekanntgegeben. Am Sonntag hieß es aus dem Büro der Stadträtin auf STANDARD-Anfrage daher: "Kein Kommentar."

Für den Fonds Soziales Wien (FSW) ist die Maßnahme eines Alkoholverbots am Wiener Praterstern "nachvollziehbar". Die Polizei habe "von jeher die Aufgabe, für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu sorgen, die Ausgewogenheit mit sozialen Maßnahmen ist ein fundamentales Grundprinzip unserer Stadt", erklärte FSW-Chef Peter Hacker. "Warum sollte man da keine neuen Sachen wie dieses Pilotprojekt ausprobieren?", sagte Hacker.

Alte grüne Kritik

Kritik kam am Sonntag vom grünen Koalitionspartner. "Ein Alkoholverbot wird vor allem eines bringen: einen Verdrängungseffekt." Es könne nicht im Sinne der Stadt sein, "populistische Scheinlösungen anzubieten", sagte Sozialsprecherin Birgit Hebein. Erfahrungen in anderen Städten mit Alkoholkonsumverboten würden zeigen, dass es zwar zur Verringerung des Aufenthalts in der Verbotszone komme, dies aber zur Verdrängung von Alkohol konsumierenden Menschen an den Zonenrand und an andere Orte führe.

Ähnlich lautete die Kritik der Wiens Neos in einer Aussendung: "Michael Ludwig zeigt schon, bevor er gewählt ist, sein wahres Gesicht: Mit purem Populismus versucht er, die Probleme in der Stadt zu kaschieren."

Grüne wollen Gespräche

Abgesprochen sei die Verordnung Ludwigs nicht. "Wir werden Gespräche auf Koalitionsebene führen, wir sehen keinen Grund, aus dem bewährten rot-grünen Kurs auszuscheren", betont Hebein im Gespräch mit dem STANDARD. "Vor allem, wenn wir wissen, dass es nur Probleme schafft."

Mit einem "Na endlich" kommentierte der FPÖ-Bezirkschef im Zweiten, Wolfgang Seidl, das Alkoholverbot. Die FPÖ forderte bereits seit Jahren den Bann. Die ÖVP schloss sich dem Jubel an.

Da Ludwig aktuell nur Wohnbaustadtrat ist, kann er das Verbot allerdings gar nicht verhängen. Er benötigt dafür die Unterstützung von Häupl, der als Bürgermeister solche Verordnungen unterzeichnen muss. Das Verbot sei jedoch mit Häupl abgesprochen worden, heißt es am Sonntag aus der Partei.

Ist die Maßnahme erfolgreich, schließt Ludwig nicht aus, das Alkoholverbot auch auf andere Plätze auszudehnen. Einen genaueren Fahrplan will Öffistadträtin Ulli Sima (SPÖ) am Montag präsentieren. Von den Wiener Linien gab es am Sonntag keine Stellungnahme. Für die ÖBB war ein Alkoholverbot am Praterstern bereits Anfang April ein gangbarer Weg, wie ein Sprecher damals erklärte. Aber nur, "wenn auch die Stadt Wien mitzieht".

Neuerliche Einrichtung der Polizeiinspektion

Der Stadtchef in spe forderte zudem die neuerliche Einrichtung einer Polizeiinspektion direkt am Bahnhof – wie es sie vor dem Umbau des Verkehrsbauwerks gegeben hat. Geplant ist außerdem, dass es in der Halle nur mehr zeitlichen beschränkten W-LAN-Zugang geben wird. Das soll verhindern, dass sich Gruppen von Jugendlichen permanent dort aufhalten. Eine ähnliche Maßnahme war von den ÖBB zuletzt bereits am Westbahnhof umgesetzt worden. (Oona Kroisleitner, 22.4.2018)