San Diego – US-Forscher haben neue Hinweise darauf gefunden, warum kalorienfreie Süßstoffe nicht unbedingt schlank halten und sogar schädlich sein können. Bei Ratten und in Zellversuchen fanden sie heraus, dass sich nach dem Genuss bestimmter Süßstoffe der Stoffwechsel ungünstig verändert, ebenso die Auskleidung der Blutgefäße.

Allerdings untersuchten Brian Hoffmann (Medical College of Wisconsin) und Kollegen nur Aspartam und Acesulfam. Die Forscher präsentierten ihre Ergebnisse auf einer Fachkonferenz in San Diego. "Obwohl wir diese kalorienfreien Süßstoffe jeden Tag verwenden, haben Fettleibigkeit und Diabetes drastisch zugenommen", beschreibt Hoffmann die Situation in den USA.

Fragliche Aussagekraft

Für ihre Studie versetzten die Forscher das Futter einer Gruppe Ratten mit Zucker, das einer weiteren Gruppe mit Süßstoffen. Nach drei Wochen zeigten sich im Blut der Tiere bedeutende Unterschiede bei bestimmten Typen von Fetten und Aminosäuren – Hinweise darauf, dass die Tiere Fette unterschiedlich verarbeiteten. Auch sammelte sich Acesulfam im Blut an. Dies könne die Zellen schädigen, die die Blutgefäße auskleiden, berichten die Forscher.

Der Körper habe die Fähigkeit, Zucker im moderaten Ausmaß zu verarbeiten, folgert Hoffmann. "Wenn aber diese Maschine auf lange Zeit überbelastet wird, bricht sie zusammen." Wer stattdessen auf Kalorien-freie Süßstoffe setze, nehme wiederum Veränderungen im Fett- und Energiestoffwechsel in Kauf.

Der Mediziner Stefan Kabisch (Deutsches Institut für Ernährungsforschung, Potsdam) betonte jedoch, dass die Studie viele Fragen offen lasse – und ihre Ergebnisse keineswegs direkt auf Menschen zu übertragen seien. Auch dass nur zwei Süßstoffe getestet wurden, schränke die Aussagekraft ein. So seien Sucralose, Stevia oder Saccharin ebenfalls weit gebräuchlich "und unterscheiden sich von den zwei untersuchten Substanzen in vielerlei Hinsicht".

Schädliche Süße

Hinweise, dass Süßstoffe nicht automatisch beim Abnehmen helfen oder sogar schädlich sein können, hätten bereits andere Studien erbracht. Die neue Arbeit erweitere dieses immer noch nicht vollständige Bild jedoch. "Einheitlich ist der bisherige Wissensstand nicht." Neben Stoffwechselmechanismen könnte auch das Essverhalten bewirken, dass man trotz Zuckerverzicht zunimmt: "Was man an Kalorien mit Süßstoffen spart, legt man – bewusst oder unbewusst – mit anderen Nahrungsmitteln wieder zu." Gegenwärtig könnten Süßstoffe weiterhin verwendet werden, die Empfehlungen zur jeweiligen täglichen Höchstdosis sollten aber beachtet werden.

Bisher warnen auch die Forscher in den USA nicht vor moderaten Süßstoffkonsum. Es gibt aber auch keine offizielle Empfehlung, sie zum Abnehmen oder zum Zuckersparen auf Dauer einzusetzen. Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ergänzte: "Statt Zucker durch Süßstoffe zu ersetzen, rät die DGE die Ernährung grundsätzlich auf 'weniger süß' umzustellen."

Nach Angaben der Europäischen Lebensmittelbehörde (Efsa) werden die Auswirkungen von Aspartam seit mehr als 30 Jahren in Versuchen mit Tieren und Menschen untersucht. Aspartam und seine Abbauprodukte seien demnach in den derzeitigen aufgenommenen Mengen für den menschlichen Verzehr unbedenklich. Auch Acesulfam ist seit Jahren in der EU zugelassen. (APA, 22.4.2018)