Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde haben gemeinsam "Leitlinien zur Beurteilung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselfunktionen" veröffentlicht .

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Wien – Am 30. Juni kommen die neuen "Leitlinien zur Beurteilung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselfunktionen" zur Anwendung, die die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) gemeinsam veröffentlicht haben.

Diese "Fit & Proper"-Guidelines erläutern fachliche Qualifikation, persönliche Zuverlässigkeit und zeitliche Ressourcen, die man mitbringen muss, um als Mitglied von Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorganen geeignet zu sein – oder für sonstige Schlüsselfunktionen mit erheblichem Einfluss auf die Führung eines Instituts.

Hintergrund sind die Erfahrungen der Finanzkrise: Schwächen in der Corporate Governance haben zu übermäßiger Risikoaufnahme beigetragen, die einzelne Institute und die Stabilität des Finanzsystems gefährdeten. Ein wesentlicher Faktor war die mangelnde Kontrolle der Geschäftsleitung durch Aufsichtsorgane.

Ziel ist es daher, ein EU-weit und sektorübergreifend harmonisiertes Regime zu schaffen, um ein solides und kontrolliertes Management sicherzustellen, den Finanzmarkt zu stärken und letztlich auch Kunden zu schützen.

Zu diesem Zweck legen die Guidelines umfassende Beurteilungskriterien fest, die Kenntnisse, Fähigkeiten, Erfahrung, Aufrichtigkeit, Integrität, Unvoreingenommenheit sowie zeitliche Verfügbarkeit betreffen. Besonders wichtig ist die "independence of mind": Wer als "fit & proper" gelten will, muss Mut, Überzeugung und Stärke aufweisen, um vorgeschlagene Entscheidungen zu analysieren, aktiv Fragen an (andere) Geschäftsleiter zu stellen und Gruppendenken zu widerstehen.

Keine Interessenkonflikte

Zudem dürfen keine Interessenkonflikte vorliegen, was Institute anhand ihrer "conflicts of interest policy" beurteilen müssen. Dafür wurde ein ausführlicherer Indizienkatalog erstellt, der z. B. um Kunden- oder politische Beziehungen erweitert wurde. Auch die Kriterien für das zeitliche Engagement sind ausgeweitet: Einzubeziehen sind nun geografische Präsenz und Reisezeit, die konkret nötige Teilnahme an Meetings oder Fortbildungszeiten.

Ein weiteres Erfordernis betrifft "diversity": Um breite Expertise und vielseitige Perspektiven an Bord zu holen und Entscheidungsprozesse und Risikomanagement zu verbessern, sollen Institute mit einer Diversitätspolitik mehr Heterogenität in Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen ermöglichen. Eine ausgewogene Verteilung wird dabei nicht nur bei den Geschlechtern angestrebt, sondern auch bei Alter, Bildungsstand, beruflichem Hintergrund und geografischer Herkunft.

Unabhängige Aufsicht

Im Fokus stehen vor allem höhere Anforderungen an Mitglieder von Aufsichtsorganen: Um effektive Überwachung zu gewährleisten, Dominanz einer oder weniger Person(en) bei Entscheidungen zu verhindern und die Interessen aller Stakeholder (inklusive Minderheitsgesellschaftern) zu berücksichtigen, muss eine verhältnismäßige Anzahl der Aufsichtsorganmitglieder von bedeutenden oder börsennotierten Kreditinstituten und Wertpapierfirmen "unabhängig" sein; bei nicht bedeutenden Instituten zumindest eine Person.

Abhängigkeit wird etwa vermutet, wenn das Mitglied ein Geschäftsleiter oder kontrollierender Eigentümer ist oder diesem nahesteht. Das Mandat der EBA und der ESMA, die sich auf zwei Richtlinien stützen, erstreckt sich allerdings nicht auf die Schaffung konkreter Unvereinbarkeitskriterien. Wo die neuen Regeln strenger sind als das österreichische Recht, ist deren Anwendung daher nicht zwingend. Dies betrifft z. B. die Cooling-off-Periode nach Beendigung einer Geschäftsleitungs- und vor Antritt einer Aufsichtsfunktion, die fünf – statt wie im Bankwesengesetz vorgesehen zwei – Jahre betragen soll.

Institute haben noch bis Juni Zeit, um die zahlreichen Anforderungen an die Erstellung einer Eignungspolitik, Beurteilungen – von nun an vor statt nach der Bestellung – und das laufende Monitoring umzusetzen. Außerdem braucht es genügend finanzielle und personelle Ressourcen, um Einschulungen und laufendes Training zu etablieren. (Florian Klimscha, 26.4.2018)