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Vincent Bolloré im fellbedeckten Elektroauto. Sein Konzern produziert unter anderem Elektroautos, für deren Akkus er sich in Afrika mit Rohstoffen eindeckt. Bei anderen Unternehmungen – der Konzession für Häfen – könnte laut einem Verdacht Pariser Behörden Geld auf unsaubere Weise in Politikertaschen gelandet sein.

Foto: AP / Jacques Brinon

Paris/Wien – Infrastruktur in 41 von 54 afrikanischen Ländern gehört seiner Firma. Er kontrolliert Häfen zum Beispiel in Côte d'Ivoire, Benin und dem Kongo, aber auch in Ghana und Nigeria, Eisenbahnlinien von Burkina Faso ans Meer und vom Herzen Kameruns an den Atlantik. Dazu kommen Palmölplantagen, Minen und mehrere Medienunternehmen – dass Vincent Bolloré halb Afrika bewegt und auch in Europa viel zu sagen hat, ist vermutlich nur eine kleine Übertreibung.

Der Name des französischen Industriellen und der 28.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter starken Firma, die genauso heißt wie er, ist in Frankreich auch ein Symbol für "Francafrique", jenes System aus informellen Verbindungen zwischen Ministerien, Firmen und afrikanischen Potentaten, dessen Name eine Chiffre für das Fortbestehen kolonialer Verbindungen ist. Doch nun wird es trotzdem eng für den 66-Jährigen: Weil er im Verdacht steht, Ende der 2000er-Jahre die Präsidenten von Guinea und Togo bestochen und dort in die Wahlen eingegriffen zu haben, wurde Bolloré Dienstagfrüh von Frankreichs Polizei zu Befragungen abgeführt.

Verdacht: Konzessionen gegen Schmiergeld

Dabei hatte es Bolloré, der die Vorwürfe bestreitet, eigentlich gerade ruhiger angehen wollen. Erst vor wenigen Tagen war er als Chef des Medienkonzerns Vivendi zurückgetreten, in den sich sein Unternehmen in den vergangenen Jahren immer weiter eingekauft hatte. Hintergrund des Rücktritts waren allerdings auch schon die Spekulationen über eine bevorstehende Einvernahme des 66-Jährigen, wie sich nun zeigt.

Konkret geht es auch in der aktuellen Causa um die Vergabe von Hafenprojekten. Bolloré hatte 2009 und 2010 in Togo und Guinea die Konzessionen für Ausbau und Betrieb der Häfen in Lomé und Conakry erhalten – und genau dabei soll Geld in Kanäle geflossen sein, die nicht dafür vorgesehen sind. Vorgeworfen wird Bolloré auch, bei den Wahlkampagnen der beiden Präsidenten, Alpha Condé und Faure Gnassingbé, über sein Medienunternehmen Havas nachgeholfen zu haben. Das ist heikel, denn beide Politiker sind noch im Amt. Condé ließ eine derartige Verwicklung über Sprecher seiner Regierung dementieren – die Geschichte ergebe "keinen Sinn". Aus dem Umfeld Gnassingbés gab es vorerst keine Äußerung.

Keine Korruption, keine Kinderarbeit

Neu wären diese und ähnliche Vorwürfe gegen die Bolloré-Gruppe nicht, neu wäre allenfalls, sollte es dafür gerichtlich verwertbare Belege geben. Die Verbreitung entsprechender Geschichten hatte in der Vergangenheit zwar schon mehrfach für Prozesse gesorgt – allerdings für solche, die die Bolloré-Gruppe angestrengt hatte. So mussten die Portale "Mediapart" und "Rue 89" im Jahr 2009 Berichte zurücknehmen, wonach bestimmte Geschäfte der Bolloré-Gruppe in Kamerun dadurch begünstigt worden sein könnten, dass die Firma der "Wohltätigkeitsorganisation" der Frau von Staatspräsident Paul Biya, Chantal, Geld zukommen ließ.

Nicht behaupten durfte 2016 auch das Magazin "Bastamag", dass in den liberianischen Konzernzweigen Bollorés Kinder unter 14 Jahren arbeiteten oder dass die Menschenrechtsbedingungungen dort katastrophal seien. "Bastamag" zog die Behauptungen nach einer Klage als falsch zurück. Ebenso handelte der staatliche TV-Kanal France 2, der im gleichen Jahr ähnliche Vorwürfe erhoben hatte.

Auf der langen Liste unbewiesener und daher rechtsstaatlich als falsch zu betrachtender Behauptungen sind schließlich auch jene Vorwürfe, die "Le Monde diplomatique" schon 2009 gegen Bolloré erhob. Die Zeitschrift rückte Firma und Person in die Nähe des liberianischen Diktators Charles Taylor und des Kriegs der 1990er-Jahre im rohstoffreichen Sierra Leone. Entsprechenden Geschichten tritt Bolloré auch medial gerne entgegen: Indirekt oder direkt kontrolliert er etwa den Fernsehsender Direct 8, die Gratiszeitung "Direct Matin" (eine Kooperation mit "Le Monde") und Anteile am Pay-TV-Sender Canal+. (Manuel Escher, 24.4.2018)