Gegen Bühnenangst helfen Atemübungen und Training.

Foto: Robert Newald

Es gibt keinen schlimmeren Ort als die Bühne", ließ der 68-jährige Status-Quo-Sänger und -Gitarrist Francis Rossi kürzlich die erstaunte Öffentlichkeit wissen. Wer hätte jemals gedacht, dass man als Mitglied einer der erfolgreichsten Rockbands, nach hunderten umjubelter Live-Acts im Laufe eines halben Jahrhunderts das Rampenlicht so sehr fürchten kann? Bühnenferne Existenzen mag das überraschen, aber wer sein Geld mit Auftritten vor Publikum verdient, weiß um diese Angst – vor der in vielen Fällen selbst anhaltender Erfolg nicht schützen kann.

Dass das Publikum davon selten etwas mitbekommt, ist auch dem Einsatz bewehrter Verhaltensstrategien zu verdanken. Solche psychologischen Interventionen zum Eindämmen der Bühnenangst werden auch an der Linzer Anton-Bruckner-Privatuniversität für Musik, Schauspiel und Tanz erprobt und eingesetzt. Immerhin müssen die Studierenden auch unter großem Stress "punktgenau funktionieren", wenn sie ihr Können vor Publikum präsentieren. Für viele ist das kein Problem, die Anspannung vor dem Auftritt wirkt bei ihnen oft sogar sehr positiv. Physiologische Veränderungen wie die Erhöhung des Adrenalinspiegels oder eine gesteigerte Durchblutung von Gehirn und Muskeln sorgen bei ihnen für bessere Konzentration und eine Aktivierung der Leistungsbereitschaft.

Bei anderen überwiegt dagegen der negative Stress mit seinen typischen Symptomen wie Herzklopfen, hoher Blutdruck, Temperaturabfall in den Extremitäten, Zittern, feuchte Hände oder Konzentrationsmangel. Gerade für Musiker, bei denen sich eine eingeschränkte Feinmotorik unmittelbar auf die Qualität ihrer Darbietung auswirkt, sind solche körperlichen Zustände ein großes Problem. Auch die stressbedingte Mundtrockenheit oder eine verkürzte Atemspanne können üble Folgen für Sänger, Schauspieler und Bläser haben.

"All diese Sensationen kommen aus der Psyche und sind die Folge dessen, was jemand denkt und wie er an die Situation herangeht", sagt Christian Frauscher vom Arbeitsbereich Angewandte Psychologie des Instituts Theorie und Geschichte. Zu ihm kommen die angehenden Bühnenkünstler, wenn ihnen das Lampenfieber zu sehr zusetzt. "Da der Weg über die Psyche langwierig ist, setzen wir beim Körper an."

Unbewusste Prozesse messen

Zu diesem Zweck nutzen die Psychologen etwa die Methode des computergestützten Biofeedbacks. "Indem man vermeintlich unbewusst ablaufende psychophysische Prozesse misst und bildlich oder akustisch darstellt, impliziert man gleichzeitig die Veränderbarkeit des Gemessenen", erklärt Frauscher das zentrale Wirkmoment des Biofeedbacks. Die Studierenden können ihrem Körper also dabei zusehen, wie er auf welche Gedankeninhalte reagiert, und erfahren dadurch seine Steuerbarkeit.

Wie man dabei konkret vorgeht? "Zunächst ermitteln wir den psychophysiologischen Grundzustand der Person", so der Psychologe. Zu diesem Zweck werden Parameter wie Muskelspannungen, kardiovaskuläre Aktivität, Blutvolumenpuls, Herzratenvariabilität, Atemmuster, Temperatur und Hautleitwert gemessen. Da bei manchen Menschen sogar in entspannten Situationen ein gewisser Stresszustand vorherrsche, gehe es im ersten Schritt um die Herstellung einer Balance im Ruhezustand. Schließlich ist das Ziel des Antilampenfiebertrainings, diesen Balancezustand in die Leistungssituation zu übertragen und zu lernen, ihn jederzeit stabil herzustellen. "Die Studierenden können über die Messwerte sehr genau beobachten, bei welchen Gedanken und Vorstellungen etwa die Hände zu schwitzen und die Herzraten zu steigen beginnen", sagt der Psychologe.

Mittels Atemübungen, Muskelentspannung oder Visualisierungsübungen wird trainiert, rasch in einen entspannten Zustand zu gelangen. "Im Grunde geht es um eine Konditionierung." Immer beliebter wird auch, die Aufmerksamkeit zur Stressreduktion einzusetzen – allerdings erfordert das sehr viel Zeit. Im Fall akuter Lampenfieberschübe ist das ein zu langwieriges Unterfangen: "Bei uns muss es schnell gehen, deswegen halten wir uns vor allem an verhaltenstherapeutische Maßnahmen. Damit kann man die Angst schon in einigen Wochen in den Griff bekommen." (grido, 28.4.2018)