Emmanuel Macron geht mit seiner Charmeoffensive gegenüber Donald Trump ein ziemlich persönliches Risiko ein. Der französische Staatspräsident bietet ihm bei seinem Staatsbesuch in Washington Freundschaft, Respekt und Nahrung für dessen Eitelkeit – und hofft im Gegenzug auf handfeste Zugeständnisse in Europas Interesse.

Da geht es in erster Linie um den Atomdeal mit dem Iran, aus dem Trump im Mai endgültig aussteigen könnte, und die Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus Europa, die ja vorerst nur ausgesetzt worden sind. Aber Macron will mehr: Er hofft, mit Trump eine verlässliche Beziehung aufzubauen, um das seit dessen Amtsantritt 2017 gefährdete westliche Bündnis zu stabilisieren. Für dieses Ziel ist der Internationalist Macron bereit, den Nationalisten Trump zu umgarnen und sich als treuer Verbündeter an seine Seite zu stellen.

Doch bei aller in Washington zur Schau gestellten Fröhlichkeit stehen die Chancen dafür nicht gut, denn Trump lehnt Selbsteinschränkungen instinktiv ab; in seinem Denken ist jeder Deal temporär und erneut verhandelbar. Und die neuen außenpolitischen Berater Mike Pompeo und John Bolton bestärken ihren Chef darin, auf amerikanische Militärmacht statt auf europäische Diplomatie zu setzen – vor allem gegenüber dem Erzfeind Iran.

Was immer Macron aus Washington an Zusicherungen mit nach Hause nimmt, wird nicht lange halten. Da wird auch die persönliche Chemie zwischen den beiden Staatschefs nichts nutzen. Washington ist voll von Leuten, die Trump unterstützt haben, um bei erster Gelegenheit kaltschnäuzig fallengelassen zu werden. Das politische Kapital, das Macron einsetzt, wird sich wohl spätestens beim nächsten Schwenk in der US-Außenpolitik als vergeudet erweisen.

Beziehungen zu Nordkorea

Paradoxerweise hat Trump bei seinen Annäherungsversuchen zu Kim Jong-un das gleiche Problem. In den Beziehungen zu Nordkorea sind es die USA, die konkrete Zugeständnisse erwarten: die Freilassung von drei US-Gefangenen, eine glaubwürdige atomare Abrüstung, das Ende der militärischen Bedrohung der US-Verbündeten Südkorea und Japan. Hingegen erreicht der nordkoreanische Diktator sein Ziel bereits, indem er sich zuerst mit Südkoreas Staatschef und dann mit dem US-Präsidenten trifft. Selbst wenn die Sanktionen bleiben, kann er auf mehr Handel und neue Investitionen hoffen, ohne selbst viel herzugeben. Und die Kim-Dynastie ist bekannt dafür, ihre Zusagen und Versprechungen zu brechen. Das gesamte Atomprogramm beruht auf einem solchen Verrat.

Das Risiko, das Trump gegenüber Kim eingeht, ist noch viel größer als das von Macron auf seiner US-Reise: Dem mächtigsten Mann der Welt droht, vom "Raketenmann" vorgeführt zu werden. Dass der US-Präsident so sorglos handelt, zeigt, wie wenig strategisches oder auch nur taktisches Denken in die US-Außenpolitik hineinfließt. Die wird von den Launen eines Mannes bestimmt, dem der frühere FBI-Chef James Comey in seinem Buch aus gutem Grund den Charakter eines Mafiabosses zuschreibt. Trump stößt seine Verbündeten vor den Kopf und schmeichelt Tyrannen, die ihn dann im Regen stehen lassen können.

Mit einem solchen Führungsvakuum ist die Welt deutlich gefährlicher geworden. Da können auch Macron und andere europäische Politiker nicht viel bewirken. (Eric Frey, 24.4.2018)