Nicaraguas Präsident Daniel Ortega.

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Eine Zeitlang scheint Daniel Ortega einer der beliebtesten Politiker Westeuropas gewesen zu sein. Nicht ganz selbstverständlich für einen Lateinamerikaner. Doch so war das damals in den Achtzigern, als die USA und die Sowjetunion ihre Stellvertreterkriege noch rund ums Karibische Meer ausfochten und weite Teile der europäischen Linken sich im Kampf für das revolutionäre Nicaragua wähnten.

Dort hatte Daniel Ortega mit seiner linken Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront (FSLN) im Sommer 1979 die Diktatur Anastasio Somozas gestürzt und damit die 45-jährige Herrschaft des Somoza-Clans beendet. Ortega wurde zunächst Mitglied einer fünfköpfigen Regierungsjunta, 1985 setzte er sich schließlich als gewählter Präsident an die Spitze des Staates.

Die USA wollten die Wahl in ihrem "Hinterhof" jedoch nicht anerkennen und unterstützten fortan in Nicaragua den Guerilla-Krieg der rechten, Somoza-treuen Opposition, der sogenannten Contras. In Westeuropa führte das zu breiten Solidaritätskundgebungen für Daniel Ortega und seine Sandinisten. Zum großen Showdown sollte es jedoch nicht kommen: Ortega wurde nicht mit Gewalt, sondern an den Urnen besiegt – wenngleich die triste Wirtschaftslage infolge von Bürgerkrieg und US-Embargo durchaus dazu beigetragen haben dürfte. 1990 verlor er die Wahl gegen seine ehemalige Mitstreiterin Violeta Chamorro, es folgten lange Jahre in der Opposition. Erst 2006 gewann Ortega wieder eine Präsidentschaftswahl, seither ist er ununterbrochen an der Macht.

Von der einstigen Begeisterung für seine Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsprogramme ist so gut wie nichts mehr übrig. Gerade erst musste der 72-Jährige nach Protesten mit mehreren Toten eine "Reform" zurücknehmen, die höhere Sozialversicherungsbeiträge und sinkende Pensionen vorgesehen hatte. Viele fordern dennoch weiter Neuwahlen. Gerade frühere Anhänger sind bitter enttäuscht von Ortega, der immer mehr rechtskonservative Positionen einnahm und sich sogar für ein striktes Abtreibungsverbot starkmachte.

Ortega aber hat sich längst unter all die Sesselkleber eingereiht, die der Opposition das Wasser abgraben und die Verfassung ändern, um an der Macht zu bleiben. Seine Frau, die Schriftstellerin Rosario Murillo, mit der er sieben Kinder hat, ist seit mehr als einem Jahr Vizepräsidentin. Vergewaltigungsvorwürfe seiner Stieftochter wurden nie aufgeklärt – und sind mittlerweile verjährt. (Gerald Schubert, 24.4.2018)