Aus dem Abendrestaurant in Wien-Landstraße wurde ein Lokal, in dem jetzt den ganzen Tag über Essen serviert wird.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Für das Grilled-Cheese-Sandwich wird Taleggio zwischen zwei Scheiben Laurenzio-Wecken geschichtet.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Es ist ungefähr vier Jahre her, da eröffnete Christoph Ströck, Spross der Wiener Bäckerfamilie, ein Lokal, das tagsüber Kaffeetrinkern und Croissant-Essern der angeschlossenen Bäckereifiliale in der Landstraßer Hauptstraße Verweilmöglichkeiten bot und abends ein richtiges Restaurant für Feinspeiser sein wollte.

So recht schien die Übung aber nicht zu gelingen. Ein Restaurant mit Stoffservietten und filigranen Weingläsern direkt neben der Vitrine mit Topfengolatschen und Briochekipferln? Das war offenbar zu dualistisch. Daran konnten weder Wildfangfische aus dem Salzkammergut zu einem unschlagbaren Preis noch die erfreulich gut sortierte Weinkarte etwas ändern.

Weil Gastronomie Entwicklung bedeutet, blieb man auch bei Ströck nicht tatenlos. Gemeinsam mit Küchen-Mastermind Christopher Schramek wurde ein neues Konzept aus dem Boden gestampft, das seit vergangener Woche konsequent umgesetzt wird: Statt abends wird man im Feierabend nun den ganzen Tag über bekocht, statt (ab)gehobener Küche gibt es einfache Gerichte, und statt Selbstbedienung werden Kaffee und Frühstück auch unter der Woche zu Tisch gebracht. Das Interieur des Restaurants blieb hingegen unverändert, lediglich ein paar Pölster wurden zur Aufhübschung auf den grauen Sitzbänken verteilt.

Endlich Sandwiches

In Küche und Service werken altbekannte Protagonisten, allesamt motiviert bis in die Haarspitzen – allem voran Küchenchef Michael Piroska. Der junge Mann versteht es, längst überstrapazierten Gerichten neues Leben einzuhauchen. Neben Feierabend-Klassikern wie dem geschmorten Römersalat wird handgesäbeltes und perfekt abgeschmecktes Beef Tatar von der alten Kuh – auf Wunsch mit Bio-Onsen-Ei – serviert.

Dass man sich neuerdings auch auf Sandwiches konzentriert, ist eine logische Konsequenz, sitzt man doch quasi an der (Brot-)Quelle. Was da zwischen zwei knusprige Scheiben gepresst wird, macht richtig Freude und könnte das Feierabend zur besten Sandwichadresse der Stadt machen.

Tafelspitz zum Beispiel gelingt ungewohnt saftig und mutiert zwischen krossem "Pianella-Toast" mit Spinat und Kren zu einem explosiv-köstlichen Gericht. Eingelegtes Rotkraut bringt die gerade notwendige Säure mit, und zur Seite gestellte Schnittlauchsauce sorgt für ein nahezu berauschendes Geschmackserlebnis.

Fett und geil

Für das Grilled-Cheese-Sandwich (siehe Bild) wird Taleggio zwischen zwei Scheiben Laurenzio-Wecken geschichtet, jenes Vollkornbrot, das selbst Vollkornbrotverweigerer dank weicher Krume und krosser Kruste längst überzeugt hat. In geklärter Butter geröstet, läuft dieses Brot noch einmal zur Höchstform auf und bietet dem kräftigen Norditaliener die notwendige Bühne. Zum Sandwich schlürft man aggressiv-fruchtige Tomatensuppe, die geschmacklich schon jetzt den Sommer einläutet.

Der vietnamesische Streetfood-Klassiker Bánh mì wird mit würzig marinierten Schweinsripperln, Koriander und eingelegten Gurken aus Ströcks Garten in einem – für Bánh mìs eher ungewöhnlich – flauschigen Weißbrot zusammengebaut. Während es die Marinade versteht, das Schweinefleisch kräftig und zugleich unaufdringlich zu pushen, wünscht man sich beim Rest der Füllung ähnlich mutige Ambitionen (Chili?) und mehr Crunch (Karotten?).

Bei den Desserts gelingt die Übung in Perfektion. Warmer Schoko-Striezelkuchen mit flüssigem Kern und Vanilleeis schmeckt umwerfend gut und lässt spätestens jetzt vergessen, dass man streng genommen in einer erweiterten Bäckereifiliale sitzt. (Alex Stranig, RONDO, 27.4.2018)

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