Istanbul – Die in der Türkei unter Terrorverdacht angeklagte deutsche Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu hofft auf eine baldige Ausreise mit ihrem Sohn. "Ich hoffe natürlich, dass meine Meldepflicht und meine Ausreisesperre aufgehoben werden", sagte die 33-Jährige der Deutschen Presse-Agentur vor der Fortsetzung ihres Prozesses am Donnerstag in Istanbul.

"Ich würde packen und dann sobald wie möglich nach Deutschland ausreisen, in meine Heimat." Besonders für ihren dreijährigen Sohn – für den in Ulm ein Kindergartenplatz reserviert sei – wolle sie ein stabiles Umfeld in Deutschland, sagte Tolu. "Ich möchte, dass er in Sicherheit ist und einen normalen Alltag leben kann." Tolu, die ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, war im vergangenen Jahr fast acht Monate lang in der Türkei inhaftiert gewesen.

Vorwurf: Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in einer Terrororganisation

Die Staatsanwaltschaft wirft Tolu, ihrem mitangeklagten Ehemann Suat Corlu und 25 weiteren Beschuldigten Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vor. Die Angeklagten weisen das zurück. Im Dezember war Tolu nach massivem Druck der deutschen Regierung aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Das Gericht verhängte aber eine Ausreisesperre, Tolu muss sich jede Woche bei der Polizei melden. Auch ihr Ehemann darf nicht ausreisen.

Im vergangenen Jahr war es wegen der Inhaftierung von Tolu, dem "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel und dem Menschenrechtler Peter Steudtner zu einer schweren Krise zwischen Berlin und Ankara gekommen. Als letzter von diesen drei Gefangenen wurde im Februar Yücel freigelassen. Immer noch sitzen aber mehrere Deutsche nach Angaben des Auswärtigen Amtes aus politischen Gründen in der Türkei in Haft. Yücel und Steudtner konnten nach der Freilassung ausreisen.

Der Österreichische Journalistenclub (ÖJC) fordert die türkische Justiz auf, das Ausreiseverbot gegen die Trägerin des Dr.-Karl-Renner-Solidaritätspreises aufzuheben und die Vorwürfe endlich fallenzulassen. "Die deutsche Staatsbürgerin Mesale Tolu und ihr dreijähriger Sohn sind Geiseln des Regimes Erdogan und müssen sofort ausreisen dürfen", sagt ÖJC-Präsident Fred Turnheim am Mittwoch. (APA, 25.4.2018)