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Medienverbände haben sich in einem offenen Brief an Google-CEO Sundar Pichai gewandt.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/JUSTIN SULL

Wien – Verbände von Presseverlegern haben sich am Sonntag in einem offenen Brief an Google gewandt und den Umgang des Unternehmens mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) kritisiert. Die EU-Verordnung, die ab 25. Mai schlagend wird, verpflichtet Unternehmen dazu, die informierte Zustimmung von Nutzern einzuholen, wenn sie persönliche Daten speichern. Google übertrage die Verantwortung für die eigenen Aktivitäten aber zu sehr auf die Publisher, kritisieren die Verbände in dem Brief an den Google-CEO Sundar Pichai.

Die neuen Google-Nutzungsbedingungen sehen vor, dass Publisher, wenn sie Dienste des Internetriesen verwenden, die rechtsgültige Zustimmung ihrer Nutzer für die Datenverwendung durch Google einholen. Konkret müssen User der "Erfassung, Weitergabe und Nutzung personenbezogener Daten zur Personalisierung von Anzeigen oder anderen Diensten" einwilligen. Google präzisiert jedoch nicht, was es unter "anderen Diensten" versteht. Genau hier sehen die Verleger das Problem, denn die DSGVO schreibt vor, dass Daten nur für vorher festgelegte und eindeutige Zwecke verwendet werden dürfen, eine "Blanko-Zustimmung" reicht nicht aus.

Die Frage der Haftung

Der Versuch, die Haftung für die Zustimmung auf die Verleger zu übertragen, sei für die Verleger "besorgniserregend". Googles Bestimmungen könnten laut den Verlegern dazu führen, dass diese bei Verstößen seitens Google "potentziell ruinöse Strafen" übernehmen müssen. Die Höchststrafe bei schweren Verstößen gegen die DSGVO liegt bei vier Prozent des globalen Unternehmensumsatzes oder 20 Millionen Euro.

Der Vorschlag Googles würde nur das bestehende Geschäftsmodell des Unternehmens schützen und "die Anstrengungen der Publisher, Konsumenten mehr Transparenz und Kontrolle zu geben, untergraben", schreiben die Verbände in dem offenen Brief. Die Forderung nach solch umfassenden Rechten sei ein "vorsätzlicher Missbrauch" von Googles Marktmacht. Laut Berechnungen des US-Werbeunternehmens GroupM kontrolliert Google 44 Prozent des globalen Online-Werbeanzeigenmarktes.

Als Alternative hat Google die Möglichkeit von trackingfreien Werbeanzeigen angekündigt. Die Einnahmen aus solchen nicht personalisierten Einschaltungen, die auch ohne Cookies auskommen, sind aber geringer. Die Lösung will Google "noch vor Mai" vorstellen, schreibt Google-Magnager Carlo D’Asaro Biondo im Unternehmensblog.

Google als Daten-"Controller"

Grundsätzlich unterscheidet die DSGVO zwischen Verantwortlichen ("Controller") und Auftragsverarbeitern ("Processor"). Als Verantwortliche bezeichnet die Verordnung die "natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet". Auftragsverarbeiter ist hingegen derjenige, der "personenbezogene Daten im Auftrag des Verantwortlichen verarbeitet". Die "logische Position" Googles, schreiben die Verbände, sei die des Auftragsverarbeiters. Google sehe sich aber in der mächtigeren Rolle des Verantwortlichen im Sinne der DSGVO.

Auf insgesamt sieben Fragen wünschen sich die Verleger eine "prompte Antwort" – unter anderem auf jene, warum Google so auf die Position des "Controllers" beharrt. Weiters wollen die Verleger wissen, wann Google seine Lösung für nicht personalisierte Werbeanzeigen genauer vorstellt und ob Google in diesem Fall dann nur als Auftragsverarbeiter fungiert.

"Uns ist bewusst, dass die Anforderungen an die DSGVO sehr verwirrend sind", sagte Google-Sprecherin Suzanne Blackburn am Montag zu Reuters. Die Rolle des "Controllers" im Sinne der DSGVO begründete sie damit, dass Google "Entscheidungen zur zur Datenverarbeitung treffen, um Publisher bei der Optimierung ihrer Werbeeinnahmen zu unterstützen." Sie stellte klar, dass Google damit keine zusätzlichen Rechte über die Daten bekomme, als jene, die in den Verträgen mit den Medienunternehmen vereinbart sind.

4.000 repräsentierte Medien

Unterzeichnet wurde der offene Brief von den Branchenverbänden Digital Context Next (DCN), der britischen News Media Association (NMA), dem European Publishers Council (EPC) und der Association for Online Publishing (AOP). Zusammen repräsentieren die Verbände ca. 4.000 Zeitungen und Medienunternehmen, vor allem in Nordamerika und Europa. DCN etwa ist der größte Publisher-Verband der Vereinigten Staaten, Mitglieder sind unter anderem BBC, Axel Springer, Guardian, Fox, Reuters, Washington Post und 21st Century Fox. In der EPC ist auch der STANDARD vertreten.

Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) hat indessen vergangene Woche seine eigene rechtliche und technische Lösung zur "Wahrung der Privatsphäre von Usern" präsentiert. Sie werde den VÖZ-Mitgliedern zur Verfügung gestellt und gelte "selbstverständlich" auch für Werbenetzwerke und Mediaagenturen. (pp, 1.5.2018)