Es wird düster im Staate Dänemark. Das ist nicht weiter beunruhigend, sehr viel zu lachen gab es dort in Sachen Fernsehserie ohnehin noch eher selten. Fiktional könnte man ein Land vermuten, in dem die Sonne niemals aufgeht, und auf besseres Wetter braucht man – wie der Titel vermuten lässt – auch dieses Mal nicht zu hoffen.

Es soll Regen geben. Vater, Mutter und zwei Kinder – Simone (Alba August) und ihr kleiner Bruder Rasmus (Lucas Lynggaard Tønnesen) sind auf der Flucht. Zu erwarten ist nicht ein x-beliebiges Donnerwetter, sondern virenverseuchte Güsse, gegen die es kein Mittel gibt und die all jene, die ihnen ausgesetzt sind, im Nullkommanichts niederstrecken. Die Erde ist krank, und der Mensch ist die Ursache allen Übels.

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Simone und Rasmus haben Glück. Ihr Vater, Wissenschafter, hat die Katastrophe vorhergesehen und rechtzeitig vorgesorgt. So finden sich die beiden bald zwar elternlos, aber immerhin in Sicherheit in einem Bunker wieder. Dort bleiben sie vorerst, und es dauert eine ganze Weile, bis sie das Tageslicht wieder sehen werden. Dann warten Abenteuer ohne Ende auf sie, denen sie sich in acht Folgen stellen müssen.

Mit "The Rain" schärft Netflix ab 4. Mai sein Profil als Plattform für "junge Erwachsene", die den Bassena-Tratsch in soziale Medien verlegt haben und sich dort aufgeregt über ihre Lieblingsserien wie "Stranger Things" oder "13 Reasons Why" austauschen. "The Rain" soll nach Vorstellungen des US-Streamingriesen eben dorthin.

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Das geschieht mit beträchtlichem Aufwand. Mehr Budget erlaubt auch größeren Spielraum bei Drehzeiten, wie Serienmacher beim Journalistentreffen in Rom erzählten. Während hierzulande eine Folge von Serien wie "Vorstadtweiber" oder "Schnell ermittelt" in rund sechs Tagen abgedreht sein muss, gibt Netflix ein ungleich größeres Zeitbudget vor: "Wir haben sechs Monate gedreht", sagt Alba August, die in "The Rain" Simone spielt. "Das verlangte viel Energie von uns ab. Wir haben uns gegenseitig geholfen."

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Postapokalypse ist für Serienerfinder Christian Potalivo "wie eine große Sandkiste, in der du spielen kannst." "The Rain" spielt mit der Sintflut und dem Thema hinter der Postapokalypse: Bevor der Regen aber alles reinwaschen kann, muss das Übel ganz aus der Welt entfernt sein. Das schafft H2O nicht allein, da muss eine kleine Gruppe ans Werk, die ihre Feinde von allen Seiten bekämpfen muss. Simone und Rasmus schließen sich einer Guerillaeinheit an und beweisen Mut, Stärke und Durchhaltevermögen – Eigenschaften, die Jugendliche wie Erwachsene in Zeiten permanenter Verwerfungen auch ohne tödlichen Virenregen gut gebrauchen können.

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Menschen in einer Welt, der die Menschlichkeit abhandengekommen ist: Damit sollen sich Jugendliche identifizieren können. Es gehe darum, in einem extremen Umfeld die Probleme des Erwachsenwerdens darzustellen, sagt Potalivo: "Das ist ein die Kulturen übergreifendes Phänomen. Wir haben es in ein sehr dänisches Setting gesetzt."

Ist "The Rain" dann so etwas wie "The Walking Dead" für Halbwüchsige? Das wäre zu kurz gegriffen, nicht nur weil Zombies – zumindest in den ersten beiden Folgen, die Netflix in Rom Journalisten zeigte – fehlen, sondern weil im generationenübergreifenden Überlebenskampf die Idee der Erneuerung stärker steckt. Und weil "The Rain" in Optik, Ausstattung und Dialogen unverkennbar dänisch geblieben ist, also nicht der Fehler begangen wurde, die amerikanische Serienmatrix über ein europäisches Produkt zu legen. (Doris Priesching aus Rom, 4.5.2018)