Begriffe wie "Volksverhetzung", "menschenverachtend" oder "Antisemitismus" bringt man mit Musikpreisen selten in Verbindung. Dem Echo ist dieses Negativwunder gelungen. Mehr noch: Der Branchenpreis der deutschen Musikindustrie hat sich damit selbst versenkt. Am Mittwoch gab der Bundesverband Musikindustrie bekannt, dass der Preis eingestellt wird.

Es ist das finale Echo einer Jury-Entscheidung von Mitte April. Damals wurde das Album Jung, brutal, gutaussehend 3 der beiden Gangsta-Rapper Kollegah und Farid Bang ausgezeichnet, obwohl es vor sexistischen, antisemitischen und frauenverachtenden Anspielungen und Fantasien strotzt.

Anzeige wegen Volksverhetzung

In der Folge gaben andere Echo-Preisträger ihre Trophäen aus Protest zurück, selbst die Schlagersängerin Helene Fischer distanzierte sich deutlich. Nach einigem Herumdrucksen vonseiten der Plattenfirma BMG ruht nun die Geschäftsbeziehung mit den Rappern, zuletzt sollen Label wie Künstler wegen Volksverhetzung angezeigt worden sein. Das alles hat den Preis dermaßen kontaminiert, dass er seine Aufgabe als Auszeichnung verwirkt hat.

Nun soll er überarbeitet und wahrscheinlich umbenannt werden. In einem Statement von Echo-Seite heißt es: "Für den Vorstand steht außer Frage, dass Deutschland als drittgrößter Musikmarkt der Welt zur genre- und generationsübergreifenden Auszeichnung von Künstlerinnen und Künstlern weiterhin Musikpreise mit Leuchtturmcharakter braucht." Das signalisiert Verständnis und Lernfähigkeit – wenngleich unter beträchtlichen Schmerzen.

Verantwortung gefragt

Beim Neustart sollte man sich auf einige humanistische Standards besinnen. Was passiert, wenn man dem Mammon den letzten Anstand opfert, hat sich soeben gezeigt. Auch den Plattenfirmen stünde es gut an, Verantwortung für das zu übernehmen, was sie ins Netz stellen oder als Tonträger vertreiben. Anstand ist kein Paragraf im Strafgesetzbuch, sondern hat etwas mit Charakter zu tun. Der lässt sich zwar nicht als Umsatz verbuchen, beschädigt aber nicht das Ansehen der gesamten deutschen Musikindustrie. (Karl Fluch, 25.4.2018)