München – Die Verteidigung der mutmaßlichen deutschen Rechtsterroristin Beate Zschäpe hat ihr Plädoyer im NSU-Prozess mit weiteren Vorwürfen gegen die Bundesanwaltschaft fortgesetzt. "Was nicht passt, wird passend gemacht", sei der rote Faden im Plädoyer der Anklagebehörde gewesen, sagte Rechtsanwalt Hermann Borchert am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht München.

Borchert verteidigte in seinen Ausführungen das Aussageverhalten Zschäpes. Anders als von der Bundesanwaltschaft und von einigen Nebenklägern behauptet habe sie nicht lediglich eine Teilaussage gemacht. "Meine Mandantin hat sich nicht nur teilweise geäußert. Sie hat zu sämtlichen Punkten ausgesagt." Es sei ihr aber nach den Erfahrungen mit der Nebenklage im Prozessverlauf nicht zu verübeln, dass sie sich nicht den zu erwartenden mehreren hundert Fragen der Nebenkläger habe aussetzen wollen. Borchert warf der Bundesanwaltschaft vor, aus der Aussage Zschäpes unvollständig zitiert zu haben. Dies sei "manipulativ".

Borchert bestritt den Vorwurf der Bundesanwaltschaft, mit dem Untertauchen mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos 1998 habe sich Zschäpe für den Terrorismus entschieden. "Sie hatte sich für den Weg in den Untergrund, nicht jedoch für den Weg in den Terror entschieden."

Anmieten von Wohnungen

Der Zschäpe-Verteidiger wies den Vorwurf als falsch zurück, seine Mandantin sei an der Waffenbeschaffung des NSU beteiligt gewesen. Dafür habe die Bundesanwaltschaft keinen Beweis erbringen können. Im Gegenteil spreche gerade für Zschäpe, dass sie nach dem mutmaßlichen Selbstmord der NSU-Terroristin Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im November 2011 keine der Waffen aus der gemeinsamen Unterkunft mitgenommen habe. Dies lasse auch Rückschlüsse auf ihre Einstellung zu Waffen zu.

Anders als von der Anklage behauptet, habe das Anmieten von Wohnungen auch nicht zum Vorbereiten der Anschläge gedient. Es sei nur darum gegangen, sich beim Leben im Untergrund vor Strafverfolgung zu schützen. Die Planung und Durchführung der Morde durch Böhnhardt und Mundlos sei jedenfalls nicht von den Wohnungen abhängig gewesen, sagte Borchert.

Anders als von der Anklage behauptet seien die Wohnungen auch keine Kommandozentrale gewesen, sagte der Verteidiger weiter. Bei 27 Straftaten, die zu verschiedenen Zeitpunkten begangen worden seien, habe die Anklage nur in einem einzigen Fall ein Telefonat nachweisen können. Dies spreche gerade gegen den Vorwurf, Zschäpe habe Kommandos erteilt.

Plädoyer bis Donnerstag

Die Zschäpe-Verteidiger hatten zum Auftakt ihres Plädoyers am Dienstag bereits den zentralen Anklagevorwurf der Mittäterschaft an den zehn Morden, zwei Bombenanschlägen und mehr als einem Dutzend Überfälle bestritten, die dem NSU angelastet werden.

Das Plädoyer sollte ursprünglich zwei Verhandlungstage dauern. Wegen Verzögerungen am ersten Tag und verschiedener Pausen zeichnete sich ab, dass sich das Plädoyer bis Donnerstag zieht. Damit dürfte dann auch erst die Strafmaßforderung der Verteidigung folgen.

Der Nebenklägeranwalt Alexander Hoffmann erklärte, Borcherts Plädoyer habe zwei Kernthesen. Nach These eins sei die Einlassung Zschäpes nicht zu widerlegen, nach These zwei seien die im Prozess erhobenen Indizien nicht geeignet, Zschäpes Einlassung zu widerlegen. "Diese Grundannahmen sind falsch", schrieb Hoffmann bei Twitter.

Mit dem Plädoyer der Verteidigung befindet sich der seit fünf Jahren andauernde NSU-Prozess in seiner Schlussphase. Ein Termin für die Urteilsverkündung steht allerdings noch nicht fest. (APA, 25.4.2018)