Improvisiert: Georg Graewe beim Jazzatelier Ulrichsberg.

Foto: Kurt Rade

Das Musikfestival Ulrichsberger Kaleidophon eröffnet am Freitag mit einem Konzert des Pianisten Georg Graewe. Der Autodidakt machte seine ersten musikalischen Gehversuche allerdings nicht am Tasteninstrument, sondern mit einer Gitarre – in einer Rockband. Ein nachhaltiges Erlebnis, denn bis heute schätzt der Avantgardist den frühen Eric Clapton, und nach wie vor hört er gern Soul, Funk oder Country. Natürlich spielen die Klassik (Brahms) und europäische Konzertmusik des 20. Jahrhunderts (Schönberg) ebenso wie der Jazz eine zentrale Rolle in Graewes Musikkosmos.

Im Jazz orientiert er sich nicht nur an der Explosivität eines Lennie Tristano oder Bud Powell, sondern auch an der eines Klassikers des New-Orleans-Ragtime-Pianos wie Jelly Roll Morton – im Übrigen, wie Graewe einmal anmerkte, ein Zeitgenosse Schönbergs.

Kind des Ruhrgebiets

Anfang der 1970er-Jahre schloss sich Graewe dem Berliner Plattenlabel Free Music Production (FMP) an. Passend zur Aufhebung der Instrumentenhierarchien zugunsten der Kollektivimprovisation, übernahmen die Musiker im FMP auch gleich die Produktion und den Vertrieb der Platten.

Als Kind des Ruhrgebiets formierte Graewe 1981 das Grubenklangorchester: ein auf Bearbeitungen von Eisler-Kompositionen und Bergmannslieder spezialisiertes Ensemble, in dem schon die regelmäßigen Graewe-Kollaborateure, Saxofonist Frank Gratkowski und Kontrabassist John Lindberg, mitspielten. In Ulrichsberg schließt sich der Kreis: Graewe wird zusammen mit Lindberg und dem Posaunisten Conny Bauer – ebenfalls ein Bekannter aus der FMP-Zeit – auftreten.

Atonale Melodien, die Heftigkeit des Free Jazz und ein Gespür für Pausen sind garantiert. (dog, 26.4.2018)