"Catwoman" holte sich in der Presse ähnlich schlechte Kritiken, wie der zeitgleich erschienene Film.

Screenshot: Catwoman

Dass zu einem großen Kinofilm auch ein Videospiel erscheint, hat eine lange Tradition. Insbesondere Leinwandwerke mit bekannten Super- und Actionhelden werden gerne auch in interaktiver Form umgesetzt. Doch den lizensierten Spielewerken hing jahrzehntelang das Image an, ziemlich schlecht zu sein.

Und das nicht ganz zu Unrecht. Schon eine der frühesten Filmumsetzungen, "E.T.", wurde in der Presse zerrissen. Das Game gehört zu den Auslösern des damaligen Niedergangs von Heimcomputerpionier Atari. Die in den Lagern verbliebenen Exemplare wurden 1983 in der Wüste von New Mexico vergraben und 2014 bei einer von Microsoft initiierten Aktion wieder ausgegraben.

Schlechte Spieleumsetzungen gibt es freilich noch, wie etwa "Rambo" vor einigen Jahren eindrucksvoll bewies. Doch sie sind seltener geworden. Viele filmbasierte Games bieten heute zumindest solide, manchmal sogar exzellente Games-Unterhaltung. VG24/7 erklärt, was sich geändert hat.

"ET" zählt zu den schlechtesten Videospielen aller Zeiten.
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"Catwoman": Mieses Spiel zu miesem Film

Als Beispiel für eine gescheiterte Filmadaptierung zieht man "Catwoman" aus dem Jahr 2004 heran. In dieses war James Parker, Chef von Groundshatter Games, involviert. Gedacht war das Spiel, um Aufmerksamkeit für das DC-Comicuniversum zu schüren. Das Spiel begleitete den zeitgleich erscheinenden "Catwoman"-Film mit Halle Berry in der Titelrolle und die Dreharbeiten für "Batman Begins" liefen bereits.

Die Kritiken für das "Catwoman"-Game fielen allerdings ähnlich schlecht aus, wie für den Film. Lahme Kampfmechanik, hakelige Steuerung, misslungene Kameraführung und schwache Dialogsequenzen gehörten zu den vielfach kritisierten Punkten. "Viele Spieler werden nichts verpassen, wenn sie dieses Game auslassen", urteilte damals etwa Gamespot.

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Zeitdruck und Inkompetenz

Parker sieht chronisches Missmanagement als Ursache für die Unzulänglichkeiten des Games. Dieses Missmanagement sei jedoch im Kontext der Entwicklungsbedingungen unvermeidbar gewesen. Die Verantwortlichen wollten das Spiel gleichzeitig mit dem Film an den Start bringen, gleichzeitig mussten regelmäßig Dinge angepasst und von mehreren Stellen abgesegnet werden, wenn auch am Film etwas geändert wurde.

Er selbst sei erst spät zum Projekt gestoßen, sein externes Team half bei der Portierung auf verschiedene Plattformen. Bis dahin hatten die eigentlichen Entwickler schon sechs Monate lang aufgrund des Zeitdrucks Überstunden geschoben. Sie werkten sieben Tage die Woche jeweils von elf Uhr vormittags bis ein Uhr nachts. "Das ist genug, um selbst die pflichtbewusstesten Menschen zu brechen."

Hinzu kam, dass die verantwortliche Chefetage kaum etwas von Spieleentwicklung verstand. Dort war man mehr mit der Grafik von "Catwoman" befasst, als mit Dingen wie dem Spielkonzept oder Leveldesign. Dementsprechend erfolgten Prioritätensetzung und Ressourcenverteilung. "Alles, was bei Spieleentwicklung schief gehen kann, kommt bei einem Movie-Tie-in zusammen", resümiert Parker das damalige Fiasko.

Qualitativ war "Catwoman" der Filmvorlage angemessen.
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"Batman" prügelt die Wende herbei

Die Probleme, die er beschreibt – arger Zeitdruck, starke inhaltliche Koppelung an die Filmvorlage und mangelnde Kompetenz der Entscheidungsträger – begleiteten bereits in den Jahrzehnten davor häufig die Entwicklung von Spielen zu Kinoblockbustern. Erst im Laufe der 2000er-Jahre änderte sich dies langsam. Als eine Art Wendepunkt kann man die Spiele zur "Dark Knight"-Trilogie betrachten.

Diese transportieren Atmosphäre, sind technisch gut umgesetzt, spielerisch durchdacht und erzählen nicht 1:1 die Handlung der Filme nach. Den Entwicklern wurde Zeit und viel Budget gegeben. Offenbar hatte man von "Catwoman" und dem ebenfalls mit dem Film veröffentlichten, im Mittelmaß untergegangenen "Batman Begins"-Spiel gelernt.

Gewandelt hat sich auch das Verständnis von Videospielen Seitens der Filmindustrie. Wurden Games lange als "Beiwerk" betrachtet, das meist im Budget der Kinoproduktion sparsam miteingeplant wurde, ist nunmehr durchgesickert, dass es für Games einen riesigen Markt gibt. Der lässt sich allerdings nicht mit halbgaren, interaktiven Nacherzählungen des Leinwandgeschehens bedienen.

Das gelungene "Batman: Arkham Asylum" gehört zum Anfang der Ära, in der Games zu Filmen als eigenständiges Werk anerkannt werden.
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Neue, gute Zeiten

Heute bekommen die Spiele ihr eigenes Budget, dürfen von der Handlung abweichen oder gleich eine eigene Geschichte erzählen. Mitunter füllen sie auch Lücken zwischen den Teilen einer Filmreihe. Mitunter führen Hollywood-Konzerne sogar eigene Games-Abteilungen. Warner Brothers Interactive Entertainment etwa ist kein reiner Lizenzvermarkter und Publisher mehr, sondern führt seit 2009 auch Entwicklerstudios unter seinem Dach.

Mit genügend Freiheiten und Budget sei es auch für Entwickler "eine Freude, mit bekannten oder aufregenden neuen Marken zu arbeiten", sagt Entwickler-Veteran Chris Payne, der an mehreren Filmumsetzungen mitgearbeitet hat. Lobend hebt er etwa "Star Wars: Knights of the Old Republic", ein von Bioware 2003 veröffentlichtes Rollenspiel hervor. Überhaupt bietet die Geschichte der "Star Wars"-Games gutes Anschauungsmaterial, was sowohl gelungene, als auch danebengegangene Adaptionen betrifft.

Sowohl Payne, als auch Parker sind angesichts der letzten Jahre optimistisch, was Filmumsetzungen betrifft. Das Prinzip "Klasse statt Masse" hat sich weitestgehend durchgesetzt. Die Zeiten absurder Deadlines, die unverrückbar am Release des Leinwandwerks hängen und zu minderwertigen Games führen, sind vorbei. (gpi, 27.04.2018)