Die Verbotszone rund um den Bahnhof Praterstern könnte Verdrängungseffekte haben, sagen die Studienautoren der Suchthilfe Wien.

Wien – Die Forderungen nach einem Alkoholverbot am Praterstern sind nicht neu. FPÖ und ÖVP mahnen dies für den Verkehrsknotenpunkt im zweiten Wiener Bezirk schon seit längerem ein. Mit ein Grund, warum der Beirat für Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien 2017 eine großangelegte Studie über Auswirkungen von Alkoholkonsumverboten im öffentlichen Raum durchführte. "Verbotszonen sind weiterhin Aufenthaltsorte von sozial desintegrierten Menschen, wenn auch in geringerem Ausmaß", lautet eines der Ergebnisse. In der Studie, die dem STANDARD vorliegt, heißt es weiters, dass an "Ausweichorten" Problemlagen auftraten. Anstelle von Verbotszonen werden soziale und gesundheitsbezogene Maßnahmen angeregt. Große Personalressourcen seien dafür nötig.

Verglichen wurden für die Studie Städte wie Graz, Innsbruck, München oder Hamburg, in denen es unterschiedliche Verbotsmodelle gibt. Der Beirat beleuchtete Problemlagen, die zum Erlass eines Konsumverbotes führten, die Auswirkungen danach, welche gesetzlichen Grundlagen gegeben sind und wie das Verbot kontrolliert wird.

Trinken am Würstelstand

In Graz etwa ist das Thema seit 2000 aktuell. Laut Studie fielen dort zunächst 15 Punks und Gruppen von Schülern am Hauptplatz beim Denkmalbrunnen durch "Alkoholkonsum, Herumlungern, Urinieren und Erbrechen" auf. Das Univiertel war "vom Ausgehverhalten der Studenten" belastet. Zunächst wurde ein Alkoholkonsumverbot für den Hauptplatz verordnet, schrittweise wurde es ausgeweitet, seit 2012 gilt in der gesamten Innenstadt ein Alkoholverbot. Die Folgen sind laut Studie, dass einkommensstärkere Personen beim Würstelstand trinken. Punks trinken trotzdem öffentlich oder suchen sich andere Plätze. Anrainer und Geschäftsleute sind frustriert, dass das Verbot nicht die entsprechende Wirkung brachte.

Als Vorbild für das Alkoholverbot am Praterstern wurde von Stadträtin Ulli Sima und vom künftigen Bürgermeister Michael Ludwig (beide SPÖ) München genannt. Laut der Studie der Suchthilfe gilt in München am Hauptbahnhof ein nächtliches Konsumverbot (zwischen 22 und sechs Uhr). Es wird explizit erwähnt, dass es teilweise zur "unerwünschten Verlagerung zum Alten Botanischen Garten" gekommen ist. Während des Lokalaugenscheins der Studienautoren wurden nachts trotz Verbots zwei Gruppierungen zu je zehn Personen wahrgenommen, die Alkohol konsumierten.

Schrittweise Erweiterung

Insgesamt bilanzieren die Studienautoren, dass das Konsumverbot erfolglos ist, wenn zu geringe Mittel bei der Kontrolle eingesetzt werden. Häufig mussten die Verbotszonen aufgrund der Verlagerungen schrittweise erweitert werden. Als problematisch erwies sich die räumliche Nähe von Alkoholverkaufsstellen.

Für Wien sei eine Anpassung bestehender Gesetze ausreichend – etwa eine Ausweitung der Wegweisedauer nach störendem Verhalten von bis zu zwölf auf bis zu 72 Stunden. Nahegelegt wird auch, den Alkoholkonsum in einigen Tageszentren für Obdachlose zu ermöglichen, um sie von der Straße wegzubekommen. (rwh, 27.4.2018)

DER STANDARD hat Gastronomen und Anrainer zum Alkoholverbot am Praterstern befragt.


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