56,4 Mio. Dollar war einem Telefonbieter dieser "Balloon Dog" 2013 bei Christie's wert. Der bis heute gültige Auktionsrekord für Koons.

Foto: Christie´s / Tom Powell Imaging

Vom Wall Street Broker zum Kunstsuperstar: Jeff Koons vor der 2012 vor dem Christie’s Headquarter in New York (Rockefeller Center) aufgestellten "Tulips"-Skulptur, die für 33,68 Mio. Dollar versteigert wurde.

Foto: Christie’s/Nord LB, U. Reinecke

2007 gelangte "Hanging Heart" bei Sotheby’s (New York) zur Auktion, wo sie von Jeff Koons Galeristen Larry Gagosian für 23,56 Mio. Dollar ersteigert wurde.

Foto: Sotheby’s

Der US-Rapper Jay-Z gehört zu den Bewunderern von Jeff Koons. Für seine Tour diente ein originaler "Balloon-Dog" als Bühnenelement.

Mediale Aufmerksamkeit ist ein ständiger Begleiter im Universum des US-Amerikaners Jeff Koons. Nicht erst seit November 2013, als ihm ein Auktionsergebnis den Titel teuerster lebender Künstler bescherte. Zuletzt dominierten Diskussionen um eine Skulptur die Schlagzeilen, die er 2016 – über Vermittlung der damaligen amerikanischen Botschafterin – Paris zu überlassen gedachte: zum Gedenken an die Opfer des Terroranschlags von 2015.

Für die Produktionskosten kämen private Donatoren auf, Koons spendete das künstlerische Konzept: den von einer Hand gehaltenen bunten Strauß von elf Tulpen, elf Meter hoch und 36 Tonnen schwer. Der Reingewinn aus Postkartenverkäufen solle 25 Jahre lang den Familien der Opfer zugutekommen.

Als Location hatten seine Geschäftspartner den Platz zwischen dem Palais de Tokyo und dem Musée d'art moderne erkoren. Ein Ort, der in keinem Zusammenhang mit dem Terror stehe, monieren Kritiker. Koons wolle sich hier bloß selbst ein Denkmal setzen. Der Disput entzweit die Pariser Kunstszene. Alternative Standorte soll Koons abgelehnt haben. Hinter den Kulissen ringt das Kulturministerium um eine Lösung. Schließlich stößt man einen, der sich über Jahre zum Kunstsuperstar inszenierte, nicht gleich von der redensartlichen Bettkante.

Kunst für die Masse

2017 listete das Wirtschaftsmagazin Forbes Koons als einen der 100 findigsten Geschäftsmänner. Die Geschichte dazu nahm in den späten 1970er-Jahren ihren Anfang. Mit einem pinkfarbenen Aufblashäschen in einem der Ramschläden an der 14th Street in New York. Koons, der in Baltimore sowie Chicago Kunst studiert hatte und sechs Jahre lang an der Wall Street als Broker im Baumwollhandel tätig gewesen war, erwarb es, stellte es auf einen Spiegel und bezeichnete es als Kunst.

Der Erfolg hielt sich vorerst in Grenzen. Publicity bescherte ihm allerdings die Verbindung mit der ungarisch-italienischen Skandalpolitikerin und Pornodarstellerin Cicciolina (Ilona Staller). Die Porzellanbüsten, die Jeff und Ilona in sexuellen Posen zeigten, waren vielen zu trivial, zu selbstdarstellerisch, um provokant zu sein.

Am Ende war es die Banalität, die ihm in der Tradition der Pop-Art zu Weltruhm verhelfen sollte. 1986 kam Koons auf die Idee, das Häschen in Edelstahl zu gießen und spiegelblank zu polieren. Das Kunstwerk als Projektionsfläche für alles Erdenkliche war geboren. Als Stellvertreter und Metapher für Anerkennung, als Symbol für Akzeptanz bezeichnete der Künstler diese Werke in einem Interview. Im Laufe der Jahre wurde das Motivrepertoire erweitert, um Comic-Helden oder formal an Ballonfiguren orientierte Tiere.

Dorotheum exklusiv

Seit Mitte der 1990er lässt Koons solche Objekte in Porzellan fertigen: in Auflagen von 2300 Stück, ein Kunstprodukt für den Massenkonsum. 45 Prozent der jährlich über Auktionen angebotenen Objekte fallen in diese preislich unter 10.000 Dollar liegende Kategorie. Kleinvieh macht eben auch Mist.

Ein Segment, das seit 2017 auch von "Dorotheum Galerie", der Handelssparte des Auktionshauses, exklusiv in Österreich vertrieben wird: knapp 27 Zentimeter große Balloon Dogs aus Limoges-Porzellan mit Metallplattierung in den Farben Magenta, Gelb und Orange. 10.000 Euro kostet ein solches Koons-Hündchen. Mit dem Absatz sei man zufrieden, erklärt man auf Anfrage. Der Wiederverkaufswert lässt noch zu wünschen übrig: In London wechseln solche Exemplare für höchstens 6500 Euro den Besitzer.

Die finanzkräftige Klientel wird indes mit überdimensionalen Formaten in exklusiven Kleinauflagen bedient. Mit zwei oder drei Meter Höhe fallen sie in die Kategorie "Kunstmonster", für die Sammler mindestens 20, wenn nicht 40 Millionen Euro zahlen. Das ist eben der Preis, der für einen solchen Markenartikel zu berappen ist. Die leichte Erkennbarkeit eint alle Koons-Schöpfungen und ist Teil seines Erfolges.

Der vom Auktionsweltrekord 2013 begleitete Hype konzentriert sich noch immer auf die Balloon-Serie. 56,4 Millionen Dollar hatte ein anonymer Telefonbieter Christie's für den orangen Monsterpudel bewilligt. Ob sein Galerist Larry Gagosian damals seine Finger im Spiel hatte, muss eine Mutmaßung bleiben. Dass "Gogo" Stützungskäufe bei Versteigerungen tätigt, ist indes bekannt.

Klagschrift aus New York

Wie das Geschäftsmodell abseits des Auktionsgeschäfts funktioniert? Darüber informiert seit vergangener Woche eine Klagschrift aus New York. Mit Steven Tananbaum wehrt sich jetzt erstmals ein Wall-Street-Investor gegen die Geschäftspraktiken von Koons und Gagosian.

Es geht um drei Skulpturen, für die Tananbaum seit September 2013 bereits 13,5 Millionen Dollar an Teilzahlungen leistete, ohne dass sie je gefertigt wurden. Offiziell soll dies an Herstellungsproblemen liegen. Für Ausstellungsprojekte in Hongkong (Art Basel 2018), Buenos Aires, New York oder Wien gab es diese Probleme nicht. Auch im Falle des US-Rappers Jay-Z nicht, für dessen Tour 2017 ein Balloon Dog als Bühnenelement diente.

Tananbaum vermutet ein als "Ponzi-Schema" bekanntes Geschäftsmodell. Demnach würden Sammler für noch gar nicht produzierte Objekte laufend Teilzahlungen leisten, die überbrückend jedoch ganz andere Projekte finanzieren.

Auf den ersten Blick wirkt das legitim, auf den zweiten könnten die Lieferfristen von Koons und Co mangels ausreichenden Kapitals theoretisch auch gezielt verzögert worden sein. (Olga Kronsteiner, 30.4.2018)